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08.01.2008

"Wir brauchen Verstand, nicht Demagogie!"

Kreisausländerbeirat warnt vor Eskalation der Debatte um Jugendgewalt / Problem „Made in Germany“

Der Vorsitzende des Kreisausländerbeirates Offenbach, Corrado Di Benedetto, hat die Politiker des Landes aufgefordert, die Diskussion über Jugendgewalt aus dem Wahlkampf raus zu halten.

Im Vorfeld des Neujahrsempfangs der CDU Dietzenbach am Donnerstag, an dem auch der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Dr. Christean Wagner teilnehmen wird, warnte eindringlich Di Benedetto vor einer Eskalation der Debatte: „Gerade in Dietzenbach darf nicht zerstört werden, was in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut wurde, auch mit Hilfe der jetzigen Landesregierung.“ Wenn mit brutalstmöglichen Wahlkampfstrategien weiter schonungslos gezündelt werde, trage die CDU Mitverantwortung, wenn es bald auch in Dietzenbach oder im Kreis Nachahmer gibt und es zu Ausschreitungen kommt.

Di Benedetto forderte, die Jugendlichen nicht weiter zu stigmatisieren und auszugrenzen: „Damit provoziert man nur mehr Gewalt! Das schier Unfassbare ist, dass dies von Seiten unserer Spitzenpolitiker bewusst und ohne Rücksicht auf Verluste geschieht. Das ist unter dem Niveau unserer Demokratie und ihrer nicht würdig!“

Das Zusammenleben funktioniere selbst in Dietzenbach, bei allen Unzulänglichkeiten, viel besser, „als es uns derzeit die Politik und manche Medien glauben lassen wollen“, so Di Benedetto. Die vielen hundert ehrenamtlichen und hauptamtlichen Menschen, die sich Jahr für Jahr, Tag für Tag für ein besseres Miteinander im Kreis einsetzen, seien nicht bereit, „sich ihre Arbeit durch menschenverachtende und verantwortungslose Sprüche“ kaputt machen zu lassen.

Die Ursachen für die Gewaltbereitschaft mancher Jugendlicher lägen zudem nicht in ihrer ethnischen Herkunft. „Gewalt ist kein Privileg von Ausländern, sondern hausgemacht. Sozusagen ‚Made in Germany’.“ Und auch härtere Strafen oder gar Ausweisung seien nicht die Lösung. Nur verstärkte und langfristige Präventionsarbeit sowie Chancengleichheit könnten wirklich helfen. „Das ist aber in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in sträflicher Weise vernachlässigt worden“, kritisierte Di Benedetto.

„Wer zudem vor dem Hintergrund von Amokläufen deutscher Schüler, rassistischer Hetze auf Andersfarbige, der Vernachlässigung oder Tötung von Babys und Kindern durch ihre eignen Eltern, des massenhaften Missbrauchs von Kindern durch Pädophile, Gewalt auf junge Ausländer reduzieren will, der verspielt auch den letzten Rest jeder Glaubwürdigkeit!“ Di Benedetto verwies darauf, dass gerade der Anteil jugendlicher Gewalttäter mit Migrationshintergrund seit Jahren kontinuierlich abnehme.

Der Kreisausländerbeirat forderte, mit Verstand die wirklichen Ursachen für die Gewaltbereitschaft junger Leute verstärkt anzupacken: „Unterstützung bei Erziehungsproblemen im Elternhaus, Bekämpfung der Kinderarmut, gezielte Förderstrategien für Kinder aus bildungsfernen Schichten, bessere Bildung, mehr Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen, Schaffung von Ausbildungsplätzen. Das sind nur einige Stichworte, die wir von der Politik umgesetzt sehen wollen. Nur darüber hören wir im Wahlkampf wenig.“

Di Benedetto: „Vor allem die Jugendlichen aus sozial schwächeren Familien – unabhängig von ihrer Nationalität - brauchen wieder Zukunftsperspektiven. Wem ständig vermittelt wird, dass er zu nichts taugt, dass er nicht gewollt ist, dass er nicht dazu gehört, der entwickelt eines Tages seine eigenen Antworten. Unser Nachbarland Frankreich hat es uns gezeigt.“

Quelle: Kreisausländerbeirat