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01.12.2003

Soziale Balance ist in Gefahr - Kürzung der Landesmittel betrifft vor allem die Arbeit der Migrationsdienste

Der Kreisausländerbeirat im Landkreis Offenbach und der Ausländerbeirat der Stadt Offenbach am Main nehmen gemeinsam Stellung zu Auswirkungen der von Ministerpräsident Roland Koch angekündigten „Operation Sichere Zukunft“ auf das Zusammenleben von Mehrheit und zugewanderten Minderheiten in unserem Land.

Der Titel, mit dem die Sparvorhaben der Hessischen Landesregierung betitelt worden ist, wirke in Hinblick auf die Folgen für die sogenannten Migrationsdienste unfreiwillig sarkastisch. Denn der Integrationsförderung und der sozialen Begleitung von Benachteiligten drohe aufgrund der Streichliste das Aus. „Für die Arbeit in sozialen Brennpunkten und für Projekte, die mit besonders benachteiligten Menschen arbeiten, bedeutet die Operation Sichere Zukunft einen Schaden von besonderer Härte und eben eine fehlende Zukunftsperspektive“, so die Beiräte.

„Es geht hier um den Fortbestand von Unterstützungs- und Hilfesysteme für Menschen, die oft über Generationen hinweg ausgegrenzt und abgewertet wurden, Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft weniger Chancen in Bezug auf Bildung, Arbeitsmarktintegration, gesellschaftliche Teilhabe und Beteiligung hatten und haben“. Gerade jetzt, so die Ausländerbeiräte, wo die Migrationsdienste verstärkt in Anspruch genommen werden, wo in vielen Kommunen vielversprechende Integrationskonzepte auf den Weg gebracht worden seien, würden die angekündigten Streichungen für unabsehbare Konsequenzen für die soziale Balance unseres Gemeinwesens mit sich bringen.

„Muttersprachliche Beratung und Hilfsangebote erleichtern Zuwanderern, kulturelle Hürden zu überwinden und sich in der deutschen Gesellschaft zu integrieren. Diese wichtige Brückenfunktion sei auch durch das Ergebnis einer Studie belegt, die das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Frankfurt im Auftrag des Hessischen Sozialministeriums ergeben hätte“, so die Erklärung der Beiräte.

„Mehr noch. Mit den Landesmitteln entfällt auch die rund 70%ige Komplementärförderung durch den Bund: Er unterstützt die Migrationsdienste in der Regel nur, wenn sie auch vom Land gefördert werden. Diese doppelte Streichung bedeutet das Aus für ein gesamtgesellschaftliches Projekt“.

Migration müsse als ein Lernprozess verstanden werden, der alle betrifft, der eine Entwicklungs- und Gestaltungsaufgabe der Gesellschaft selbst darstellt. In der Tat seien die Migrationsdienste nicht nur für zugewanderte Menschen eine wichtige Anlaufstelle, sondern aufgrund der sprachlichen, fachlichen und interkulturellen Kompetenz haben sich die Migrationsdienste als „wichtige entlastende Partner“ der Kommunen erwiesen.

Die Ausländerbeiräte in Stadt und Kreis Offenbach verweisen hier unter anderem auf die erfolgreiche interreligiöse Initiative „Eine Stunde für den Frieden“. Gerade durch die Verbindungen, das Ansehen und das Vertrauen, dass die Dienste in den verschiedenen Religionsgemeinschaften genießen, sei es möglich gewesen, ein tragfähiges Netzwerk für den nachbarschaftlichen Frieden in Stadt und Kreis aufzubauen. „Gerade in unserer Region spielt dieser Aspekt aufgrund des hohen Anteils an ausländischen Bürgerinnen und Bürgern eine wichtige gesellschaftliche Rolle!“

Diese Initiativen seien im Höchstmaß gefährdet, zumal die Wohlfahrtsverbände nicht in der Lage seien, als Ausfallbürgen für die Landesregierung einzugreifen. Auch könne die fachliche Beratung durch die sogenannten Regeldienste nicht mit übernommen werden, da diese ausgelastet seien und nicht über die nötige interkulturelle Kompetenz verfügen würden.

Abschließend appellierten die Ausländerbeiräte an die Hessische Landesregierung, die „Operation Sichere Zukunft“ in ihrer Wirkung und Nachhaltigkeit zu überdenken. Zuviel steht auf dem Spiel. Außerdem wenden sich die Ausländerbeiräte an den Kreisausschuss Offenbach und den Magistrat der Stadt Offenbach mit der dringenden Bitte, dafür Sorge zu tragen, die wichtige Arbeit der Migrationsdienste zu sichern.

Im Rahmen der Sondersitzung der Ausländerbeiräte der Stadt und des Kreises Offenbach findet am Montag, dem 15. Dezember, um 19.00 Uhr im Kreistagssitzungssaal in Dietzenbach (Landratsamt, Werner-Hilpert-Straße 1) eine Podiumsdiskussion zur Zukunft der Migrationsdienste statt. Mit den Beiräten werden die Verantwortlichen der Wohlfahrtsverbände über die Folgen der angekündigten Sparmaßnahmen diskutieren.

Quelle: Kreisausländerbeirat