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29.04.2015

Landesrechnungshofbericht zur PPP-Nachschau liegt vor

Die 182. Prüfung „Nachschau PPP-Kreis Offenbach“ nach dem Gesetz zur Reglung der überörtlichen Prüfung kommunaler Körperschaften in Hessen, die vom Präsidenten des Hessischen Rechnungshofs in Auftrag gegeben wurde, ist abgeschlossen. Das Verfahren, in das die Kreisverwaltung zu jeder Zeit einbezogen war, nahm knapp ein Jahr in Anspruch. Der vorliegende Bericht wurde den Gremien vorgelegt. Im Mittelpunkt stand die Beantwortung der Frage, ob die Erwartungen, „die zum Zeitpunkt des Beschlusses bestanden, nach heutigem Kenntnisstand erfüllt wurden.“

Fakt ist und bleibt, das zweifelt der Bericht nicht an, die Schulen sind zum einen mit Blick auf den Werterhalt zum anderen vor dem Hintergrund der gesetzlich geforderten umfangreichen Brandschutzertüchtigungen, die 2004 notwendig waren, in baulich sehr gutem Zustand; der Sanierungsstau wurde aufgelöst. Kritische Anmerkungen machen die Prüfer unter anderem zu folgenden Punkten: die Wirtschaftlichkeitsberechnung, das Controlling, die Kostenentwicklung, die Dokumentation, sowie den Umgang mit Nachträgen.

„Der Kritik durch den Landesrechnungshof stellen wir uns selbstverständlich“, so Landrat Oliver Quilling, Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger und Kreisbeigeordneter Carsten Müller, „wir setzen uns aber schon seit einigen Jahren konstruktiv kritisch mit dem Projekt auseinander. Es gibt sicherlich Sachverhalte, die sich aus der Retrospektive anders darstellen, als zu dem Zeitpunkt der Entscheidung. Es gibt allerdings auch Sachverhalte, die bei der 118. Vergleichenden Prüfung aus dem Jahr 2007, also während des laufenden Sanierungsprozesses, anders bewertet wurden, so dass für uns auf dieser Grundlage kein Nachbearbeitungsbedarf erkennbar war. Dabei schließt die aktuelle 182. Vergleichende Prüfung an das Ergebnis der 118. Vergleichenden Prüfung von 2007 an.“

Stichwort Wirtschaftlichkeitsberechnung

Die Themen Eigenerledigung und Transaktionskosten wurden im Schlussbericht der 118. Vergleichenden Prüfung aus dem Jahr 2007 aufgegriffen. Dort wurde festgehalten, dass in Bezug auf die Eigenerledigung die vom Kreis gewählte Methodik zum Vergleich der Beschaffungsvarianten sachgerecht erscheine. Darum gab es in der Folgezeit keine Veranlassung mehr, sich intensiver mit der Phase vor dem Start des PPP-Schulprojekts und den diesbezüglichen Akten zu befassen. Im Mittelpunkt stand die zügige praktische Vertragserfüllung. Die nunmehr im aktuellen Schlussbericht geäußerte Kritik an der damaligen Wirtschaftlichkeitsberechnung ist daher überraschend.

Stichwort Controlling

Zur Kritik am Controlling ist aus Sicht des Kreises folgendes anzumerken: Der flächendeckende Ansatz des PPP-Projektes Kreis Offenbach war einmalig und ohne Vorbild. Die Übertragung der Bewirtschaftung aller Schulgebäude war in ihrer besonderen Dimension mit anderen PPP-Projekten nicht vergleichbar. Die Schaffung geeigneter Arbeitsstrukturen war für alle Beteiligten Neuland; auf bewährte Controllinginstrumente konnte nicht zurückgegriffen werden.

Das Baucontrolling war in beiden Losen von Beginn an gegeben. Es wurde in der Sanierungsphase durch die sogenannten Generalbevollmächtigten - drei technische Mitarbeiter des Kreises Offenbach - erledigt. Sie vertraten die Interessen des Kreises gegenüber den Projektgesellschaften, was mit Blick auf den zügigen Sanierungsfortschritt und die damit einhergehende hohe Frequenz an Bauabnahmen erforderlich war. Parallel zu den Sanierungsfortschritten wurden fachliche Abnahmen durchgeführt und dokumentiert, ansonsten wären die Finanzierungen durch die Banken nicht freigegeben worden.

Mit zunehmendem Sanierungsfortschritt verlagerte sich der Schwerpunkt von der Bauüberwachung hin zum Controlling des geforderten Bau-Sollzustandes, der über die Vertragsdauer gehalten werden muss. Auf Grund des Konjunkturprogramms, das 2008 mit einem Kostenvolumen von 54 Mio. Euro zusätzlich bewältigt werden musste, konnte diese Verlagerung erst zu einem späteren Zeitpunkt vollständig abgeschlossen werden.

Zum Baucontrolling, soweit es den laufenden Betrieb an den Schulen abdeckte, gehörten zweiwöchentliche Jour-Fixe Besprechungen mit den jeweiligen Gesellschaften. Hier wurden Mängel im laufenden Betrieb zur Sprache gebracht und abgearbeitet. Die Vorgänge sind durch umfassende Besprechungsprotokolle mit ausführlichen Anhängen dokumentiert. Im Schlussbericht der 118. Vergleichende Prüfung, die 2007 durchgeführt wurde, heißt es: „Der Fachbereich Gebäudewirtschaft des Kreises Offenbach nahm das Baucontrolling sachgerecht vor.“ Dementsprechend gab es keine Veranlassung, in der Folgezeit Veränderungen beim Baucontrolling vorzunehmen. Auf Grund des aktuellen Prüfverfahrens wurden mittlerweile im Baucontrolling zwei neue zusätzliche Stellen geschaffen.

Die im Schlussbericht der 118. Vergleichenden Prüfung gegebenen Hinweise, das Vertragscontrolling auszubauen, wurden aufgenommen und umgesetzt. Der Fachdienst Gebäudewirtschaft wurde sukzessive personell verstärkt und der Wechsel von einem durch Externe im Auftrag des Kreises durchgeführten Controlling zum eigenständigen Controlling im Fachdienst Gebäudewirtschaft vollzogen. Seit 2010 wurden dem Kreistag bereits mehrere Controllingberichte vorgelegt, welche die Arbeit des Vertragscontrollings dokumentieren. Zu nennen sind hier der Sanierungsbericht 2010, der Statusbericht HLL 2010, die FM-Berichte 2011 und 2013 sowie der Bericht zur Nutzerbefragung 2012.

Nicht geteilt wird die Auffassung des Landesrechnungshofs zum wirtschaftlichen Controlling. Die Beurteilung der Notwendigkeit von Schulgebäuden ist Teil der Schulentwicklungsplanung und obliegt der politischen Gestaltungsfreiheit des Kreistages. Hier werden selbstverständlich wirtschaftliche Faktoren berücksichtigt, im Vordergrund steht aber die gesetzliche Verpflichtung, ein differenziertes Schulangebot vorzuhalten.

Stichwort Kostenentwicklung

Dass es zu erheblichen Kostensteigerungen gegenüber den ursprünglichen Angaben gekommen ist, ist bekannt. Darüber hat der Kreisausschuss den Kreistag in der Vergangenheit unter anderem durch die Controllingberichte, zuletzt im Dezember 2013, informiert. Die zusätzlichen Mittel wurden auch in den Haushalten ausgewiesen.

Die Ursachen liegen in Flächenmehrungen, Nutzungsintensivierungen und insbesondere in der Wertsicherung. Flächenmehrungen und Nutzungsintensivierungen sind Folge der vom Gesetzgeber geforderten Anpassungen der Schulräume an eine zukunftsorientierte Ausbildung der Schülerinnen und Schüler im Kreis Offenbach. Zu Beginn des PPP-Vertrages gab es viele Halbtagsschulen, die im Laufe der letzten 10 Jahre zu Ganztagesschulen entwickelt wurden. Es wurden Betreuungsräume errichtet und die Ausstattung der Schulen technisch angepasst. Bei der Wertsicherung hat sich insbesondere die Energiepreiserhöhung im Zeitraum 2005 - 2012 niedergeschlagen. Außerdem gab es im Jahr 2007 eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent und im Jahre 2008 wurde das Haus des Lebenslangen Lernens (HLL) in Betrieb genommen. Im Jahr 2014 gab es aber beispielsweise keine Erhöhung über die Wertsteigerungsklausel. Darüber hinaus wurde bei Prof. Dr. Motzko von der TU Darmstadt im Februar 2008 ein Wirtschaftlichkeitsvergleiches „Eigenerledigung zu PPP“ in Auftrag gegeben, der über eine Simulation 2010 zu dem Ergebnis kam, dass PPP immer noch wirtschaftlicher ist, wenn auch nicht in dem ursprünglich angenommenen Umfang.

Stichwort Dokumentation

Die Aktenführung während der PPP-Vertragsverhandlungen bis hin zur Beschlussfassung durch die Kreisgremien oblag der KVBG. Die Vertragsunterlagen beider Lose standen dem Kreisausschuss in einem damals eingerichteten Datenraum im Kreishaus zur Einsicht zur Verfügung. Die Inhalte dieses Datenraums sowie weitere Unterlagen zum Verfahren wurden nach Abschluss des Vergabeverfahrens durch die KVBG in Kartons verpackt eingelagert. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte die Übergabe an den Kreis Offenbach.

Sowohl die Beschlussvorlagen für die parlamentarischen Gremien wie auch die Vertragsumsetzung beziehen sich auf ein sehr komplexes Verfahren, dem ein europäisches Ausschreibungsverfahren vorausgegangen war. Es handelt sich beim PPP-Projekt Kreis Offenbach außerdem um ein Pilotprojekt, für das es aufgrund der Dimension des flächendeckenden Ansatzes weder Vorgaben noch Erfahrungswerte gab. Die Beteiligten auf beiden Seiten konnten erst in der Umsetzungs- und Abwicklungsphase die notwendigen Dokumentationen systematisch entwickeln. In diesem Zusammenhang hat der Kreis Offenbach 2007 für das Vertragscontrolling ein Dokumenten–Management–System eingeführt. Sämtliche wesentlichen Verträge und Anlagen sind im System hinterlegt bzw. eingepflegt worden.

Stichwort Nachträge

Der Prüfungsauftrag - sowohl im Rahmen der 118. wie auch 182. Vergleichenden Prüfung - sah zwar eine vergaberechtliche Prüfung des PPP-Verfahrens und der Vertragsabwicklung nicht vor. Es gibt aber dennoch an mehreren Stellen Anmerkungen dazu.

Die Nachträge sind im Rahmen der ursprünglichen Verträge, die das Ergebnis einer europaweiten Ausschreibung waren, gedeckt. Die Komplexität der Vertragsgestaltung einschließlich der Überführung der Bestandsdatenpflege und des Personals an die Projektgesellschaften sowie die Verantwortlichkeit der Projektgesellschaften für den laufenden Betrieb haben Bindungen geschaffen, die im Einzelfall auch unter den Maßgaben der VOB (Vergabeordnung) den Tatbestand zur freihändigen Vergabe erfüllt hätten. Es war zu keinem Zeitpunkt angedacht, durch Einzelvergaben weitere parallele Strukturen zu unterhalten und auszubauen. Die damit einhergehende nochmalige Steigerung der Komplexität hätte die Transparenz zusätzlich erschwert.

„Natürlich ist es Sinn und Zweck einer Nachschau seitens des Landesrechnungshofs“, so der Landrat und die Kreisbeigeordneten, „mögliche Defizite aufzuzeigen, um Verfahren zu optimieren. Das gilt besonders für ein Vertragswerk, für das es bei Abschluss weder Vergleichs- noch Erfahrungswerte gab. Weil es im Kreishaus am erforderlichen Know-how gefehlt hat, haben wir auf namhafte Berater gesetzt, die die Verträge vorbereitet haben, das Regierungspräsidium hat zu dem Projekt grünes Licht gegeben und die 118. Vergleichende Prüfung 2007 hat keine Hinweise darauf gegeben, dass PPP grundsätzlich in Zweifel zu ziehen ist. Wenn jetzt im Rückblick vom Rechnungshof auch noch einmal die Vertragsgestaltung beispielsweise mit Blick auf die Risikoverteilung moniert wird, werden wir dem nachgehen. Die Kritik der Prüfer, die während des Prüfverfahrens geäußert wurde, war für uns Anlass bereits einen Prüfauftrag zu erteilen, ob wegen mangelhafter Beratung Schadensersatzansprüche bei den beratenden Unternehmen geltend gemacht werden können.

„Sicher ist“, so die Verwaltungsspitze nachdrücklich, „dass wir uns bereits zum jetzigen Zeitpunkt intensiv mit der Frage auseinandersetzen, wie es mit der Bewirtschaftung unserer Schulen nach Auslaufen der Verträge 2019 weitergehen soll. Natürlich wollen wir unsere Schulen weiterhin in gutem baulichen Zustand halten, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen sondern auch, weil sie zu einem entscheidenden Standortfaktor geworden sind. Dennoch müssen Qualitätsstandards auf den Prüfstand. Der aktuelle Rechnungshofbericht und unsere über zehnjährige Erfahrung werden hier eine gute Grundlage für die Entscheidungsfindung bieten.“