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Grußwort von Corrado di Benedetto

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Namentliche Begrüßung.........................

Carissimo Franco,

es ist mir eine große Freude, Dir im Namen der Ausländerbeiräte der Stadt und des Landkreises Offenbach zur heutigen Auszeichnung von Herzen zu gratulieren.

Alle Mitstreiter, die mir in unserer Region bekannt sind, haben die Entscheidung der Stadt Offenbach, Dir in diesem Jahr diese Ehrung zuteil werden zu lassen, mit großer Freude aufgenommen und wir alle freuen uns sehr mit Dir.

Carissimo Franco,

uns beide verbindet nicht nur eine edle Freundschaft, sondern auch ein langjähriger - und milde ausgedrückt - steiniger, kommunalpolitischer Weg, deshalb weiß ich viel über Dich Bescheid.

Dies ist wohl einer der Gründe dafür, dass auch ich heute gebeten worden bin, hier ein Grußwort zu sprechen, was ich selbstverständlich sehr gerne tue.

Ich will an deiner Stelle es mir auch nicht nehmen lassen, meine Damen und Herren, der Stadt Offenbach dafür zu danken, dass sie diese vorbildliche Initiative der Preisverleihung für hervorragende Leistungen um das Zusammenleben von Einheimischen und Zugewanderten initiiert hat und dafür, dass sie mit einem hohen Maß an Kompetenz und Ernsthaftigkeit sich seit Jahren an die große und durchaus schwierige, gesellschaftliche Aufgabe der Integration systematisch herangewagt hat. Alle Achtung. Man kann von Offenbach wirklich Einiges „abgucken"!

Carissimo Franco,

ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir Dich in den achtziger Jahren für die Übernahme des Vorsitzes des Ausländerbeirates der Stadt Mühlheim wahrlich gedrängt haben. Heute haben wir erneut einen Bewies dafür, dass wir schon damals eine exzellente Wahl getroffen hatten.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass einer Deiner ersten Sätze als Vorsitzender so lautete: „ Als erstes schaffen wir die Folkloretänze ab!" Was damit gemeint ist, meine Damen und Herren, brauche ich in dieser Runde wohl nicht zu erläutern, Carissimo Franco, das und mehr ist Dir in deiner Arbeit mit Bravour gelungen! Mein Kompliment. Du bist einer der wenigen, die mir bekannt sind, die schon vor Jahrzehnten, die sehr komplexe gesellschaftliche Aufgabe der Integration - mit der aus meiner Sicht - richtigen Einstellung angegangen bist, „Richtige Einstellung" meine Damen und Herren, lassen sie es mich kurz erläutern, was ich damit meine:

In den siebziger- und achtziger Jahren, also in der Zeit vor der eigentlich politischen Auseinandersetzung um Migration und Integration, war der migrationspolitische Diskurs einerseits auf technokratisch verengte Fragen des Arbeitsmarktes und dessen Regulierung, ausgerichtet. Der Anwerbestopp für Arbeitsimmigranten im Jahr 1973 und das nur halbwegs erfolgreiche Rückkehrförderprogramm der 1982 neu ins Amt gelangten christlich-liberalen Regierung bildeten die symbolischen Landmarken dieser Epoche und ihres Ansatzes. Als Protagonisten der Migrationspolitik als Arbeitsmarktpolitik agierten gemeinschaftlich Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und die jeweils amtierenden Regierungen und deren Administrationen. Vor allem jene, die im Bereich der Arbeitsmarktpolitik und der Gestaltung des Arbeitsmarktes Entscheidungsgewalt ausübten.

Hier, meine Damen und Herren, wird der Gastarbeiter im Grunde als Arbeitsmaschine definiert. Den Satz kennen sie sicherlich alle: „Arbeiter haben wir gerufen, Menschen sind gekommen".

Andererseits war die Debatte der siebzier- und achtziger Jahre um Migration und Integration durch sozialpolitische und wohlfahrtsstaatliche Klischees gekennzeichnet. Hier agierten vor allem die organisierten Interessen der Mehrheitsgesellschaft und das immer ohne die Inklusion der Ausländer selbst, wohlgemerkt!

Dabei wurde kaum Raum gelassen, und das ist meines Erachtens das Fatale, meine Damen und Herren, um Migration und Integration jenseits des sozialpolitischen Ghettos zu thematisieren und intellektuell zukunftsweisend auszugestalten. Im besten Fall herrscht hier ein reaktiver, meist noch stark sozialpaternalistischer Umgang mit den enormen Herausforderungen unserer inzwischen „real-existierenden" Einwanderungsgesellschaft vor. „Den armen Ausländern muss man doch helfen" so die Devise. Das eigentliche Manko ist jedoch nicht die erst späte politische Entdeckung der Themen Migration und Integration, oder die oft erdrückende Vorherrschaft des sozialpolitischen Diskurses, sondern die nahezu vollständige Abwesenheit einer kulturpolitischen Debatte im weitesten Sinne, um die Ausgestaltung der Einwanderungsgesellschaft und nicht der Fürsorge für die armen Ausländer.

Hier haben sich die Einstellung und das langjährige Wirken des Herrn Franco Marincola, immer von den gängigen und am eigentlichen Problem vorbeigehenden Integrationsansätzen, soweit es überhaupt welche gab, deutlich abgehoben, gewiss auch deswegen, weil die Biographie und die Sozialisation des Herrn Marincola durch und durch von „eigener Immigrationserfahrung" geprägt ist. Deshalb hat Herr Marincola in Bezug auf Integration ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl, und weiß, im Gegensatz zu vielen anderen Akteuren in der Integrationsarbeit, wirklich wovon er spricht, wenn er z.B. über die Probleme ausländischer Kinder und Jugendlicher im deutschen Schulsystem redet.

Herr Marincola sagt, dass Integration nur gelingen kann, meine Damen und Herren, wenn in der Gesellschaft, insbesondere auch zwischen den Zugewanderten und der einheimischen Bevölkerung, ein Konsens darüber hergestellt wird, was unter Integration zu verstehen ist, und welche berechtigten Erwartungen sich daraus an die Aufnahmegesellschaft, wie an die Zugewanderten ableiten.

Wichtigste Voraussetzung für Integration setzt demnach ein Gesellschaftsverständnis voraus, welches Zugewanderte durch faktische und rechtliche Sicherheit den Einheimischen gleichstellt und ihnen die Identifikation mit und die Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft ermöglicht.

Integration wird nicht verstanden als einseitige Übernahme einer vorgefundenen Ordnung, sondern vielmehr als ein ständiger, dialogischer Prozess der gegenseitigen Verständigung über die gemeinsamen Grundlagen und Regeln des Zusammenlebens, in dem Zugewanderte wie Einheimische gleichermaßen eingebunden sein sollten. In vorbildlicher Weise, meine Damen und Herren, trägt Herr Marincola nicht nur in unserer Region - als einer der Protagonisten - Maßgebliches dazu bei, diesen Prozess erst zu ermöglichen. Auch dafür, lieber Franco, gebührt Dir Dank und hohe Anerkennung!

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als Herr Marincola als erster ausländischer Vorsitzender des Mühlheimer Ausländerbeirates, den ersten „Bericht zur Lage der ausländischen Wohnbevölkerung in Mühlheim" so heißt es in der Satzung, in den achtziger Jahren vorlegte. Nicht nur die Stadtverordneten sind damals Sturm gelaufen. Insbesondere im Hinblick des Kapitels Schule, Sonderschule für Lernbehinderte und Ausbildung wurden viele Stimmen laut, die jedoch recht bald -leider muss man hier sagen- verstummten, da sie nach eigener Prüfung erkennen mussten, dass Herr Marincola die Wahrheit ans Tageslicht gebracht hatte. Heute kann ich mir des Eindruckes nicht erwähren, dass die Macher der Pisa-Studie von jenem Bericht, das wie gesagt aus den achtziger Jahren stammt, - teils wörtlich - abgeschrieben haben könnten.

Dies, meine Damen und Herren, war der Anfang des bildungs- und schulpolitischen Wirkens des Herren Franco Marincola in Bezug auf Integration. Er hat sich seitdem mit solch leidenschaftlichem Einsatz und einem hohen Maß an Kompetenz dieser Sache gewidmet, dass er dafür sogar die eigene EDV-Firma aufgegeben hat, und bald darauf, die Leitung des CGILBildungswerkes übernommen hat.

Seitdem er die Leitung des CGIL übernommen hat, hat er mit Hilfe seiner hervorragenden Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter, das Bildungswerk zu hoher bundesweiter Anerkennung gebracht, wie wir heute schon mehrfach hören konnten.. Das Personal hat er sich persönlich ausgesucht, und alle samt haben eigene langjährige Immigrationserfahrung.

Natürlich könnte ich aufgrund unseres gemeinsam durchlaufenen kommunalpolitischen Weg Ihnen noch über zahlreiche Wirkungsfelder des Herrn Marincola berichten. Glauben Sie mir, es würde den Rahmen sprengen, und will es deshalb dabei belassen.

Carissimo Franco,

wir wissen, um die Verantwortung und Verpflichtungen, die du hast, dennoch wollen wir Dich bitten, uns in unserer Region mit deinem visionären Denken, weiterhin in Fragen der Bildung und Integration zur Seite zu stehen. Auf einen Vordenker und Mitstreiter wie Dich, können und wollen wir nicht verzichten, geschweige denn, auf deine Freundschaft, die uns alle mit Dir verbindet!

Nochmals, lieber Franco, herzlichen Glückwunsch zur heutigen Auszeichnung und wir wünschen Dir und deiner Familie von Herzen alles Gute und pass auf, auf deine Gesundheit, lieber Freund!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Corrado Di Benedetto
Vorsitzender des Ausländerbeirates des Landkreises Offenbach