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04.10.2006

Neue Formen der Ausgrenzung in Dietzenbach

Kreisausländerbeirat Offenbach appelliert an die Vernunft der Kommunalpolitik

Der Kreisausländerbeirat Offenbach ist zutiefst besorgt über die jüngst aufkommenden ausländerfeindlichen Töne in der Dietzenbacher Kommunalpolitik und sieht darin neue Formen der Ausgrenzung Dietzenbacher Bürgerinnen und Bürger anderer Hautfarben, Religionen und ausländischer Herkunft. Hier, so der Tenor der Plenarsitzung des Kreisausländerbeirates Offenbach am Montagabend (02.10.2006), steckt System dahinter und es muss dringend verhindert werden, dass diese in hohem Maße gefährliche politische Haltung anderswo in unserem Kreis Offenbach Fuß fasst und auch dort salonfähig wird.

„Wer sich der niederen Instinkte bedient, hat gerade in einer pluralistisch geprägten Stadt wie Dietzenbach, in der das friedliche Zusammenleben der Ethnien weitaus besser ist, als sein Ruf, nichts zu suchen. Insbesondere politische Verantwortungsträger, einschließlich Bürgermeister Gieseler und Stadtverordnetenvorsteherin, Frau Butterweck, sind in der Pflicht fahnenschwenkend alles daran zu setzen, die bereits weit entwickelte friedliche Koexistenz weiter zu fördern und zu stabilisieren. Alles andere ist unverantwortlich und eine ernste Gefahr für alle Einwohnerinnen und Einwohner Dietzenbachs, ob Deutsche oder Ausländer“, so der Vorsitzende des Kreisausländerbeirates, Corrado Di Benedetto, zum Antrag der CDU und FWG „Deutschlandfahne, Präsidentenportrait und deutsche Sprache in den Kindergärten“, der am Freitag 6. Oktober in der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung auf der Tagesordnung steht. Demnach planen CDU und FWG, in jedem Kindergarten ein Foto vom Bundespräsident Horst Köhler sowie die Deutschlandfahne aufzuhängen. Zudem soll den Kindern verboten werden, in ihrer Muttersprache zu sprechen.

Der Kreisausländerbeirat Offenbach appelliert an alle kommunalpolitisch Verantwortlichen der Stadt Dietzenbach, diesen Antrag unmissverständlich zu ächten. Dieser Antrag dient nicht dem friedlichen Zusammenleben, er dient nicht der Integration. Lediglich der Segregation und gewiss fördert er Parallelgesellschaften. Ist das gewollt?

Selbstverständlich gehören ein Präsidentenportrait, eine Hymne und eine Landesfahne zum Selbstverständnis einer Nation dazu. Gewiss stellen sie Identifikationssymbole dar, die sinngebend sind und die gewünschte Wertediskussion in Deutschland positiv beeinflussen. Dieses haben wir alle erfreulicherweise durch die Fußballweltmeisterschaft „Die Welt bei Freunden“ Mitte dieses Jahres in beeindruckender Weise erleben dürfen und es hat buchstäblich die ganze Welt mit Freude und Respekt daran teilgehabt.

Warum sollten jetzt die Kindergartenkinder der Stadt Dietzenbach, in der fast die ganze Welt tagtäglich zuhause ist, auf einmal genötigt werden (vom pädagogischen Nutzen ganz zu schweigen) ausschließlich Deutsch sprechend „beim Betreten der Kita die Hacken zusammenzuknallen, die deutsche Nationalhymne singend, vor der Fahne zu salutieren“, wie kürzlich ein Redakteur des amtlichen Bekanntmachungsblattes dieses Thema treffend kommentiert hat. Als ob sich irgendein Mensch wünscht, dass dem Nachwuchs, egal welcher Nationalität, die deutsche Sprache fremd bleibt und damit jede Chance vertan ist, in der Schule mitzuhalten, einen Ausbildungsplatz zu bekommen und auch sonst alle Integrationshürden zu nehmen.

Der weitaus größere Teil der Mädchen und Jungen in den Dietzenbacher Kindergärten haben einen ausländischen Hintergrund und wachsen Gott sei Dank mehrsprachig auf. Teil der deutschen Gesellschaft werden sie sicher nicht, wenn man ihnen tagtäglich den Bundespräsidenten und die deutsche Flagge vor den Augen hält, und indem man ihnen verbietet, sich mit ihren eigenen kulturellen Wurzeln, also auch in ihrer Sprache, auseinanderzusetzen, wie CDU und FWG es in Dietzenbach vorhaben. Dahinter steckt eine Assimilationspolitik, die schon lange nicht mehr zeitgemäß ist und sich zudem verheerend auf das Zusammenleben auswirkt. Zu verantwortungsbewussten und loyalen Mitgliedern der deutschen Gesellschaft werden die Kinder, indem sie selbstverständlich auch die deutsche Sprache lernen und durch weitere, intelligente Angebote, die gewiss nicht allein von der Portokasse finanziert sein können, die internationale Gesellschaft kennen lernen, in der sie leben, und sich so, mit ihr dann identifizieren können.

So sehen es auch die Integrationsleitlinien des Landes Hessen vor, mit denen sich die Verantwortlichen der Stadt Dietzenbach endlich vertraut machen sollten. Jene Leitlinien haben in den letzten Jahren bundesweit Maßstäbe gesetzt, und zwar in vorbildlicher Weise, sagt Di Benedetto. „ Ich kann mir gut vorstellen, dass es der Hessischen Landesregierung peinlich sein dürfte, dass gerade in einer der hessischen Städte mit der höchsten Ausländerdichte, politisch gegen ihre Leitlinien vorgegangen wird. Und so steht nicht nur die Ernsthaftigkeit der Kommunalpolitik in Dietzenbach in der Schusslinie. Hier gerät zwangsläufig auch die Hessische Landesregierung in ein schlechtes Licht, wenn nicht dagegen vorgegangen wird.“

"Integration, so Staatsministerin Silke Lautenschläger während einer Fachtagung in Wiesbaden am 28. September 2006 „ist kein Nebeneinander, sondern ein friedliches Miteinander, ein gemeinsames Weiterentwickeln unserer Gesellschaft.“ Dialog fördern, Parallelgesellschaften verhindern. Dies ist die erklärte Maxime der Hessischen Integrationspolitik. Warum soll diese im hessischen Dietzenbach keine Gültigkeit haben?

Quelle: Kreisausländerbeirat