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Dankesrede von Corrado Di Benedetto

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Verehrte Gäste,

die vielen Worte des Lobes und der Anerkennung berühren mich tief.

Ich fühle mich durch die heutige Auszeichnung sehr geehrt, meine Damen und Herren. Ihnen allen, danke ich für die große Wertschätzung von Herzen.

Als ich im Februar 1986 mit meiner ehrenamtlichen Arbeit hier in unserem Kreis begonnen habe, hätte ich nie daran gedacht, einmal eine solche Anerkennung zu erfahren. Seit wenigen Wochen weiß ich, dass die Jury zur Verleihung dieses Preises sich für mich ausgesprochen hat.

Verehrte Gäste, ich habe mich sehr darüber gefreut, dennoch habe ich gleichzeitig daran gedacht, dass Hunderte von Personen, Verbänden und Organisationen in unserem Kreis hierfür in Frage kommen, die gewiss auch würdige Preisträger sind. Dieses stimmt mich sehr froh, weil dadurch deutlich wird, dass ich kein Einzelkämpfer bin und dass es in unserem Kreis inzwischen eine breite Front gibt, die tagtäglich systematisch und professionell an der großen gesellschaftlichen Herauforderung der Integration erfolgreich arbeitet. Es ist eine - wie ich meine - ausgesprochen erfreuliche Entwicklung und ich kann Ihnen nur weiter Mut zusprechen, mit Eifer daran weiterzuarbeiten. Es lohnt sich, denn es steht nichts Geringeres auf dem Spiel, als das hohe Gut des friedlichen Miteinanders in unserem Kreis, ja in unserem Zuhause, wenn Sie so wollen.

Ich persönlich schaue mit gesundem Optimismus in die Zukunft, wenn ich sehe mit welcher Ernsthaftigkeit und Engagement sich unser Landkreis dieser Herausforderung stellt. Wir haben einen fruchtbaren Acker bestellt, auf dem viele, viele kleine aber auch einige große Pflanzen wachsen und gedeihen, die sich - Gott sei Dank - nicht mehr so leicht umwerfen lassen, wie zum Beispiel das Integrationsbüro mit Frau Selver Erol an der Spitze.

Hierfür will ich allen Akteuren und Verantwortlichen meinen Dank aussprechen.

Verehrte Gäste, es ist mir als Preisträger sehr daran gelegen, dass mit dieser ersten Preisverleihung für herausragende Leistungen im Bereich der Integration ausländischer Einwohnerinnen und Einwohner des Kreises Offenbach eine Botschaft verbunden wird, die uns weiter zum Nachdenken anregen soll.

Erlauben Sie mir hierzu, kurz auf einen Begriff einzugehen, der in mir Unmut, ja gelegentlich auch Wut hervorruft.Einige vor Ihnen, verehrte Gäste, können es schon erahnen, um welchen Begriff es sich hier handelt.

Da hat uns die Wissenschaft - fast ein halbes Jahrhundert hat sie sogar dafür gebraucht - ein Terminus vor die Füße geworfen. Fast möchte ich sagen „hingerotzt", meine Damen und Herren, und sie weiß wahrscheinlich selber nicht, was er bedeuten soll.

Ganz abgesehen von den empirischen Sozialforschungsspielereien, die außer einer Teils sehr lukrativen Geldeinnahmequelle für viele Wissenschaftler, nichts anderes ist, als purer Unfug.

Wenn ich mir manchmal die Statistiken anschaue und erfahren soll, wie viel Prozent der dunkelhäutigen Frauen einen Kopftuch tragen, und wie viele von ihnen zugleich Schlitzaugen haben, dann frage ich mich allen Ernstes, wo die Steilvorlagen der Wissenschaft in den letzten 50 Jahren der Immigration geblieben sind, die gerade die verantwortlichen Akteure vor Ort in der Tat gut gebrauchen könnten.

Satt dessen ist ein neues Wesen geschaffen worden:

Der Migrant - Die Migrantin

und, meine Damen und Herren, es würde mich auch keineswegs wundern, wenn mal einer auf die Idee käme, zu sagen:

Das Migrant.

Nebenbei bemerkt: „migrare" kommt vom Lateinischen und heißt wandern.

Nahezu acht Millionen Kaninchen hat die Wissenschaft auf dem Versuchsfeld, insbesondere die soziologischen und pädagogischen Fakultäten.

In der Tat ist da die Versuchung groß, meine Damen und Herren, sich nach Belieben zu bedienen.

Die so genannten Migranten: sind es denn Nomaden, Nichtsesshafte, die mit ihren Herden von Weidegrund zu Weidegrund wandern? Sind es denn Durchreisende, die ihr Glück am anderen Ende dieser Welt suchen und hier in Deutschland auf dem Absprung, auf Durchreise sind seit 20, 30, 40 und auch schon fünfzig Jahre lang?

Verehrte Gäste, meines Erachtens wird dieser Begriff all zu oft ohne Verstand benutzt. Da fallen mir die Lämingen ein. Allen voran, die Namensgeber des so genannten und erst im Zuge des Zuwanderungsgesetzes neu geschaffenen „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge".

Der Name ist einfach falsch, meine Damen und Herren. Es muss heißen: „Bundesamt für Immigration und Flüchtlinge".

Für mich persönlich, dessen Biographie durch und durch von eigener, 40-jähriger Immigrationserfahrung geprägt ist, ist dieser Begriff schlichtweg eine Zumutung.

Als ob es nicht schon an sich Zumutung genug wäre, vierzig Jahre als Ausländerin oder Ausländer in einem anderen Land zu leben. Und damit ich hier nicht missverstanden werde, verehrte Gäste, will ich gleich hinzufügen, dass ich Gott danke, dass meine Familie und ich in diesem großartigen Land leben dürfen.

Und wie es im richtigen Leben so ist, gibt es zu diesem Begriff „Migrant" sogar eine Steigerung. Wenn ich Ihnen sage, dass ich das eine oder andere Mal beim Hören dieser Steigerung Gänsehaut bekomme, dann ist es wahrlich nicht gelogen.Das Wort heißt: Migrantenkinder.Für mich klingt das schon nach etwas „Außerirdischem".

Wenn man bedenkt, verehrte Gäste, dass der weitaus größere Teil dieser Kinder hier im Umkreis von nur 15 Kilometern in Langen, Seligenstadt, Hanau oder Offenbach das Licht dieser Welt erblickt haben und haben werden, und viele von ihnen nur Hessisch sprechen und noch nie in ihren so genannten Heimatländern waren, dann ist dieser Begriff nicht nur eine Zumutung. Ich meine, es ist ein Schimpfwort, das noch dazu sehr stigmatisierend ist.

Im Rahmen einer sehr gelungenen Veranstaltungsreihe unseres Kreises über Bildung und Integration im europäischen Vergleich im vergangenen Jahr, hier in diesem Plenarsaal, haben sich die Teilnehmer darüber informieren können, wie in einigen europäischen Nachbarländern mit ausländischen Kindern in den Schulen umgegangen wird. Ein beeindruckender Vortrag eines ranghohen Vertreters des Zentralamtes für Unterrichtswesen in Helsinki über die Inklusion ausländischer Kinder im finnischen Schulsystem hat gezeigt, dass es sehr wohl funktioniert, auch im Bildungsbereich Chancengleichheit tatsächlich zu gewährleisten.

Das Besondere bei diesem Vortrag war auch der Referent selbst. Es war Herr Rainer Domisch, der als deutscher Emigrant im finnischen Bildungsministerium (wie gesagt in hoher Position) dort als „Immigrant" federführend für die Beschulung ausländischer Kinder verantwortlich zeichnet.

Auf die Frage einer Tagungsteilnehmerin an Herrn Domisch, worauf es zurückzuführen sei, dass die Bildungsbeteiligung ausländischer Kinder in Finnland sich nicht von der der einheimischen Kinder unterscheidet, hat Herr Domisch eine sehr einfache Antwort gehabt.Ich zitiere ihn wörtlich: „Es sind unsere Kinder." Zitat ende.

Nicht mehr und nicht weniger.

Und in diesem Geheimnis, verehrte Gäste, steckt auch die Kernaussage der Botschaft, von der ich mir wie Anfangs erwähnt wünsche, dass sie künftig mit dieser ersten Integrationspreisverleihung des Kreises Offenbach in Verbindung gebracht wird.

Diese so genannten Migranten sind:

    • Kinder dieser Gesellschaft
    • Jugendliche dieser Gesellschaft
    • Erwachsene dieser Gesellschaft
    • Senioren dieser Gesellschaft.

Sie alle migrieren nicht. Sie sind - soweit hier nicht geboren - immigriert. Und das, meine Damen und Herren, ist ein gewaltiger Unterschied.

Es gibt viele Personen, Organisationen und Verbände ohne deren Unterstützung und hervorragende Zusammenarbeit, ich heute hier nicht als Preisträger stünde.

Da haben sich in den vergangenen 20 Jahren schon einige Namen angesammelt, und Sie verstehen, dass ich sie heute hier nicht alle nennen kann. Es würde sicherlich den Rahmen sprengen, dennoch will ich Ihnen allen von Herzen danken und einige stellvertretend erwähnen:

Natürlich geht der erste Dank an den Kreis Offenbach, nicht nur für die beispielhaften Integrationsbemühungen, sondern auch für die Verleihung des Integrationspreises durch die Stiftung „Miteinander Leben". Vielen Dank, Herr Landrat Walter, Frau Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger, die seit Mitte letzten Jahres für Integration verantwortlich zeichnet und Dank auch Herrn Kreisbeigeordneten Carsten Müller.

Danke an die Stiftung „Miteinander Leben" für die Auslobung des Integrationspreis des Kreises Offenbach und an dessen Geschäftsführer, Herr Dieter Jahn, sowie der Jury, die sich für mich ausgesprochen hat.

Danke an die demokratischen Fraktionen des Kreistages, die verstanden haben, wie wichtig Integration ist und entsprechende Mittel bewilligen, um überhaupt in diesem Bereich arbeiten zu können.

Danke an die Verwaltung des Kreises Offenbach für die sehr gute und vertrauliche Zusammenarbeit, stellvertretend hierfür, Herrn Markus Härtter, Geschäftsstellenleiter des Verwaltungsvorstandes.

Danke an das Hessische Sozialministerium für die wohlwollende Unterstützung unserer Projekte. Staatsministerin, Frau Silke Lautenschläger, hat in Bezug auf die heutige Preisverleihung in einem persönlichen Schreiben an mich, Ihre Wertschätzung übermittelt und bedauert, dass Sie heute nicht dabei sein kann. Sie benutzt übrigens in Ihrem Schreiben an mich das Wort „Migrant" nicht. Sie spricht von Zuwanderer. Auf alle Fälle finde ich diesen Begriff treffender und bin ihr auch deshalb sehr dankbar.

Danke an die Mitglieder und Vorstandskollegen des Kreisausländerbeirates sowie Semra Kanisicak, Geschäftsstelle Kreisausländerbeirat. Hier brauche ich wohl nichts weiter zu sagen. Jeder, der Frau Kanisicak kennt, weiß, dass sie Arbeit leistet, die unbezahlbar ist.

Meinen Dienstherren, Herrn Caritasdirektor Heinz-Martin Hofmann und Simon Tull Caritasdirektor a. D. Damit ich die verschiedenen Ehrenämter begleiten kann, wird da schon das ein oder andere Mal ein Auge zugedrückt, Danke auch an meinem Dienstvorgesetzten Herrn Bernd Bleines.

Danke an Herrn Karl-Christan Schelzke, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Städte und Gemeindebundes. Danke Herr Schelzke nicht nur für unsere freundschaftliche Zusammenarbeit. Sie wissen schon.

Danke an Landespolizeivizepräsident, Herrn Günter Hefner, sowie an Polizeipräsident, Herrn Bernhard, für die konstruktive und vertrauensvolle Kooperation.

Ein herzliches Dankeschön auch an meine Heimatstadt Mühlheim, die heute durch die höchsten Repräsentanten hier dabei ist. Danke an die Stadtverordnetenvorsteherin, Frau Irmgard Sondergeld, und an Herrn Bürgermeister Bernd Müller.

Danke an Schulamtsdirektor, Herrn Dr. Peter Bieniussa, für die freundschaftliche und beispielhafte Zusammenarbeit und Hilfestellungen.

Danke an Frau Elke Tomala-Brümmer, Stabsstelle Schule unseres Kreises, sowie Frau Gerlinde Wehner von der Leitstelle Älterwerden.

Den Religionsgemeinschaften, die im Rahmen des interreligiösen Dialoges „Eine Stunde für den Frieden – Interreligiöser Dialog in Stadt und Kreis Offenbach" dazu beitragen unser gutes Miteinander in Stadt und Kreis Offenbach zu stärken.

Stellvertretend hierfür danke ich:

    • Herrn Dr. Jacob Kerem-Weinberger, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Offenbach
    • Herrn Necati Hancer, Vorsitzender des türkisch-islamischen Kulturvereins, Dietzenbach
    • Herrn Geistlichen Rat, Don Paolo Manfredi für die christlichen Kirchen
    • Danke an die PRESSE für die wohlwollende und sehr wichtige Berichterstattung in den vergangenen Jahren.
    • Ein großes Dankeschön auch an meinen „ehrenamtlichen" Beratern und Vertrauten, ohne deren Beistand ich in Sachen Integration, nicht so viel hätte bewegen können. Es sind:
    • Herr Luigi Masala, Leitstelle Zusammenleben der Stadt Offenbach
    • Herr Bernd Klotz, Referent für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit beim HSGB
    • Herr Franco Marincola, hauptamtlicher Geschäftsführer des CGIL-Bildungswerkes und Mitglied dieses Kreistages
    • Herr Hüsamettin Eryilmaz, Ausländerbeauftragter beim PP-Südosthessen
    • Frau Vicky Pompizzi, ehemalige Geschäftsführerin des KAB und jetzige Projektleiterin beim CGIL-Bildungswerk
    • Herr Abdelkader Rafoud, Vorsitzender des Ausländerbeirates Stadt Offenbach

Zum Schluss, meine Damen und Herren, will ich es wie meine Tochter beim Essen machen. Sie hebt sich das Beste immer zum Schluss auf.

Und, verehrte Gäste, ohne die bisher genannten Persönlichkeiten - nicht im Entferntesten abwerten zu wollen -, freut es mich ganz besonders, den heutigen Anlass auch dafür nutzen zu können, um meiner Familie von Herzen zu danken (und hier will ich auch unsere Nachbarin Frau Braun erwähnen), für all das, was sie als Folge meiner Ehrenämter erdulden muss. Das ist gewiss eine ganze Menge, meine Damen und Herren.

Jeder, der ehreamtlich tätig ist, weiß, dass ein Ehrenamt nur dann richtig ausgeübt werden kann, wenn die eigene Familie mit grenzenlosem Verständnis zur Seite steht, und dieses ehrenamtliche Wirken allein schon dadurch in hohem Maße mit trägt, auch wenn sie überhaupt nicht in Erscheinung tritt.

Hierfür will ich in besonderer Weise meiner Frau Renata herzlichen Dank sagen.

Ohne sie, würde Zuhause nicht nur Manches zusammenbrechen. Ich hätte die Kraft gar nicht, die ich durch sie und unsere Tochter Dunja erhalte, um überhaupt meiner Arbeit nachgehen zu können.

Hvala Renata, grazie Dunja.

Ihnen allen, verehrte Gäste, gebührt meinerseits auch Dank für die Ehre, die Sie mir heute Abend mit Ihrer Anwesenheit erweisen und all denen, die an dieser Preisverleihung mitgearbeitet haben.

Lassen Sie mich zum Schluss, verehrte Gäste, Ihnen ein Zitat eines großen, deutschen Physikers und Nobelpreisträgers verlesen. Dieses, will ich Ihnen auch noch mit auf dem Weg geben.

Der Naturwissenschaftler Werner Heisenberg - ein Glück, dass es auch diese Gattung gibt -, sagt:

„Wahrscheinlich darf man ganz allgemein sagen, dass sich in der Geschichte des menschlichen Denkens oft die fruchtbarsten Entwicklungen dort ergeben haben, wo zwei verschiedene Arten des Denkens sich getroffen haben.Diese verschiedenen Arten des Denkens mögen ihre Wurzeln in verschiedenen Gebieten der menschlichen Kultur haben oder in verschiedenen Zeiten, in verschiedener kultureller Umgebung oder verschiedenen religiösen Traditionen.Wenn sie sich nur wirklich treffen, dass heißt wenn sie wenigstens so weit zueinander in Beziehung treten, dass eine echte Wechselwirkung stattfindet, dann kann man hoffen, dass neue und interessante Entwicklungen folgen."

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, danke ich Ihnen für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

Corrado Di Benedetto