Abgasfrei und leise - auch auf dem letzten Kilometer

Beim 14. Mobilitätsforum des Kreises Offenbach haben sich Fachleute mit der Mikromobilität beschäftigt

Im Nahverkehr ist viel in Bewegung, um neue Ideen für innovative Konzepte ins Rollen zu bringen. Wesentliches Ziel auf dem Weg in die Zukunft ist die Verringerung von Lärm und Abgasen sowie das sichere Ankommen. In den Städten und Gemeinden im Kreis Offenbach soll die Luft sauberer und damit die Lebensqualität der Menschen besser werden. Bei der ökologischen Verkehrswende gewinnt die sogenannte Mikromobilität mit nachhaltigen und umweltschonenden Fahrzeugen eine immer größere Bedeutung. Fahrt aufnehmen sollen verstärkt elektrische Vehikel wie etwa Fahrräder, E-Skateboards, Balance-Boards, Hoverboards, E-Scooter, E-Bikes sowie Pedelecs, die für kurze Strecken im Stadtgebiet genutzt werden. Die neuen Fortbewegungsmittel bieten viele Vorteile, da man flexibler ist, Staus umgehen kann und schneller durch ein dichtes Stadtgebiet kommt. Mit den Entwicklungschancen der Mikromobilität sowie den Perspektiven der Nahmobilität haben sich am Donnerstag beim 14. Mobilitätsforum des Kreises Offenbach in Dietzenbach rund 120 Verkehrsfachleute beschäftigt.

„Wenn diese kleineren Fahrzeuge den Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Personennahverkehr erleichtern und sie als Zubringer-Verkehrsmittel in den Wohngebieten auf dem sogenannten letzten Kilometer unterwegs sind, bringt das aus Umweltsicht einen großen Gewinn. Positiv ist auch, dass durch den verstärkten Einsatz von E-Bikes und verschiedener Scooter weniger Verkehrsfläche benötigt wird und die Innenstädte zwecks Klimaverbesserung entsiegelt werden können“, sagte Kreisbeigeordneter Alexander Böhn beim Mobilitätsforum.

Laut Umweltbundesamt wird das Auto in 40 bis 50 Prozent der Fälle für Strecken von weniger als fünf Kilometern genutzt. Kurze Wege mit Verbrennern sind schädlich für den Motor, die Umwelt, den Geldbeutel und schlecht für die Gesundheit. Die Strecken in der Stadt können gut mit einem abgasfreien Zweirad, mit Scooter & Co zurückgelegt werden. Die kleinen Fahrzeuge sind in vielen größeren Cities mittlerweile fester Bestandteil der urbanen Mobilität und werden häufig in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln genutzt. Der Kreis Offenbach will die Möglichkeiten der Mikromobilität in den Kommunen weiter stärken und für bessere Voraussetzungen sorgen, damit noch mehr Menschen umsteigen.

Mit dem vermehrten Einsatz der kleineren Fahrzeuge kommen auf die Städte und Gemeinden neue Herausforderungen zu. Der Verkehrsraum muss mit den Vehikeln ohne CO₂-Ausstoß geteilt werden, und für Scooter und E-Bikes braucht es mehr gekennzeichnete Abstellflächen, damit sie nicht wild herumstehen und andere behindern. Um den Nutzenden ein reibungsloses Fahrerlebnis zu bieten, ist es außerdem sinnvoll, eine intermodale Mobilitätsapp zu verwenden, die den gesamten Fahrweg auch mit verschiedenen Verkehrsmitteln plant.

Im Kreishaus strukturiert das Team um den Mobilitätsbeauftragten Karsten Maaß die Förderung der Mikromobilität. Im Rahmen des vor rund zehn Jahren ausgearbeiteten Leitbildes Mobilität kooperiert der Kreis mit verschiedenen Partnern, die ihre Kompetenzen im Mobilitätsforum oder etwa bei den regelmäßigen Treffen des Runden Tisches Radverkehr einbringen

Impulse für die Verkehrswende und Rückenwind für den Ausbau des Radwegenetzes im Kreis Offenbach kommen von den Fachleuten aus den Kommunen, des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), von der Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach, dem Regionalverband FrankfurtRheinMain, dem Polizeipräsidium Südosthessen, der Gesellschaft für lntegriertes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement (IVM), der Landes-Straßenbehörde Hessen Mobil und vor allem von der Hochschule Darmstadt unter Federführung des Verkehrsexperten Professor Dr. Jürgen Follmann, der den Kreis Offenbach gemeinsam mit Studierenden bei der Umsetzung des Leitbildes Möbilität unterstützt.

Mit der größer werdenden Vielfalt an Fortbewegungsmöglichkeiten wird auch die Kombination komplexer. Das Wechselspiel der Angebote erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Menschen ihr Auto mit Verbrennungsmotor stehen lassen. Das Umsteigen beispielsweise auf das Fahrrad fällt umso leichter, je besser die Infrastruktur ausgebaut ist. Im Kreis Offenbach gibt es dafür beste Voraussetzungen. Die Topografie und die Natur begünstigen den Einsatz des Fahrrades. Das ebene Gelände sowie eine Vielzahl ausgebauter Radwege, die im Kreis eine Gesamtlänge von rund 560 Kilometer haben, bieten ideale Rahmenbedingungen, um die Strecken etwa zur Arbeit, zum Einkaufen, zur Schule oder in der Freizeit umweltfreundlich auf zwei Rädern zu fahren.

Für den Kreis Offenbach hat der Ausbau des Radverkehrs, der innerörtlichen Fahrradstraßen oder der Wege zwischen den Kommunen wie Radschnellverbindungen seit Jahren eine hohe Priorität. Dabei steht die Sicherheit im Vordergrund, nicht zuletzt um Unfälle zu vermeiden. Die Zahl der Stürze mit Fahrrädern hat sich laut Statistik des Polizeipräsidiums Südosthessen in den vergangenen drei Jahren von 2021 bis 2023 erhöht. 2021 gab es 270 Unfälle mit Verletzten, 2022 gar 349 und vergangenes Jahr 313. Innerhalb dieses Zeitraums starb ein Mensch bei einem Unfall mit Fahrrad oder Pedelec, 737 wurden verletzt.

Auf viel befahrenen Straßen hat der Kreis bereits an fünf Stellen, zuletzt auf der Straße zwischen Rödermark-Waldacker und Dietzenbach, Querungshilfen geschaffen. Die nächste Mittelinsel ist an der K 168 bei Egelsbach (Prinzessin-Margaret-Allee) geplant. Einige der Querungshilfen wurden mit solarbetriebenen Lampen und Sensoren ausgestattet, die bei Dunkelheit und sich nähernden Radfahrenden automatisch das Licht anschalten. Auch neue Markierungen der Randstreifen tragen zu mehr Sicherheit bei. Die Untersuchung der Radwegebeschilderung im Kreis Offenbach mit rund 2.500 Wegweisern ist abgeschlossen. Im nächsten Frühjahr startet die Korrektur fehlerhafter und die Erneuerung maroder Schilder, sodass die Orientierung bald noch besser wird.

Beim Mobilitätsforum sind die Teilnehmenden ein Stück in die Zukunft abgebogen und haben „Kira“ kennengelernt. Sie hat sozusagen den theoretischen Teil ihrer Führerscheinprüfung erfolgreich absolviert und steht jetzt vor der praktischen Prüfung. „Kira“ heißt das Pilotprojekt des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr sowie des Landes Hessen, das in Darmstadt und im Kreis Offenbach startet. Die Autos sollen als Shuttles im Öffentlichen Personennahverkehr rollen. Derzeit sind sie in der sogenannten Kalibrierungs- und Testphase auf Automatisierungsstufe Level 4 unterwegs. Das Wort Automobil bedeutet „selbst beweglich“ und tatsächlich soll „Kira“ im sogenannten On-Demand-Verkehr ähnlich wie das Erfolgsmodell „Hopper“ allerdings autonom, ohne dass jemand am Steuer sitzt, Fahrgäste sicher und komfortabel an ihr Ziel bringen.

Im Gegensatz zur Vision „Kira“ lädt ein Verkehrsmittel aus Südostasien zu einer Zeitreise ein und erlebt in einigen Kommunen als ausleihbares Vehikel eine Renaissance. Wie sich beim Mobilitätsforum gezeigt hat, taucht die Rikscha immer öfter im Stadtbild auf. Mit Chauffeur bietet sich das elektrisch angetriebene Dreirad für kurze Wege und Ausflüge an und sorgt vor allem dafür, dass Senioren oder Menschen mit Gehbehinderung mobiler sind.