Sprungziele
Seiteninhalt
26.11.2019

Inklusion ordnet Förderschullandschaft neu

Die Ergänzung zum Schulentwicklungsplan über die Förderschulen ist fertig und wird dem Kreistag in seiner nächsten Sitzung am 4. Dezember 2019 zur Entscheidung vorgelegt. Auf gut 60 Seiten steht die Entwicklung der Förderschulen im Kontext zur inklusiven Beschulung im Mittelpunkt. Nach der Änderung des Hessischen Schulgesetzes ist die inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit einem Anspruch auf sonderpädagogische Förderung in der allgemeinen Schule die Regelform. Auf Wunsch der Eltern können diese Kinder aber auch eine Förderschule besuchen.

„Auf diese veränderte rechtliche Situation haben wir in den vergangenen Jahren reagiert“, erläutert Landrat Oliver Quilling. Im Dezember 2013 wurde zwischen dem Land Hessen und dem Kreis Offenbach die Kooperationsvereinbarung zur Modellregion Inklusive Bildung im Kreis Offenbach mit einer fünfjährigen Laufzeit bis zum Ende des Schuljahres 2018/19 geschlossen. Auf dieser Grundlage hat der Kreistag den Schulentwicklungsplan 2014 zur Sonderpädagogischen Förderung beschlossen, um unmittelbar den Abbau des stationären Förderschulsystems einzuleiten. Bereits zum Ende des Schuljahres 2013/14 wurde die Helene-Lange-Schule in Rödermark, seinerzeit die kleinste Förderschule Lernen im Kreisgebiet, aufgehoben. An der Friedrich-Fröbel-Schule in Neu-Isenburg wurde der Förderschwerpunkt Lernen zum Ende des Schuljahres 2018/19 abgebaut. Damit sind im Kreis Offenbach aktuell neun Förderschulen: 

    • Förderschwerpunkt Lernen
        • Helen-Keller-Schule Dietzenbach
        • Georg-Büchner-Schule Dreieich
        • Don-Bosco-Schule Seligenstadt
    • Förderschwerpunkt Sprache
        • Friedrich-Fröbel-Schule Neu-Isenburg
    • Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung
        • Schule am Goldberg Heusenstamm
        • Janusz-Korczak-Schule Langen
        • Friedrich-von-Bodelschwingh-Schule Rodgau
    •  Förderschwerpunkt Körperlich-motorische Entwicklung
        • Erich-Kästner-Schule Langen
    • Dezentrale Schule Dietzenbach

Dazu kommt eine einzügige Abteilung Sprachheilförderung an der Konrad-Adenauer-Schule Seligenstadt.

Bei der Quote des Förderschulbesuchs liegt der Kreis Offenbach im landesweiten Vergleich beständig unter dem Durchschnitt. 3,8 Prozent war im Schuljahr 2018/19 der Landesschnitt, im Kreis Offenbach beträgt die Quote 2,7 Prozent. Die Schülerzahl mit Anspruch auf sonderpädagogische Förderung, die eine stationäre Förderschule besuchen, ist seit dem Einstieg in die Modellregion stetig gesunken. Waren es im Schuljahr 2014/15 noch 937 Kinder so waren es im vergangenen Schuljahr nur noch 815 Mädchen und Jungen. Insgesamt jedoch steigen die Förderfälle an und lagen im Schuljahr 2018/19 (1.470 Kinder) etwa acht Prozent über denen des Schuljahres 2014/15 (1.358 Kinder). Auffällig ist, dass sich die Schülerschaft an den Förderschulen verändert. So steigt die Zahl der Kinder mit Mehrfachbehinderungen, Beeinträchtigungen im Autismus-Spektrum, Bedarfen im Bereich emotional-sozialer Entwicklung und die Zahl von Rollstuhlkindern im Bereich der geistigen und körperlich-motorische Entwicklung.

Darüber hinaus hat der Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung deutliche Zuwachsraten zu verzeichnen; ein Trend, der perspektivisch weiter anhält. „Unsere höchste Aufmerksamkeit ist daher derzeit auf die Förderschulen Geistige Entwicklung gerichtet“ so Landrat Oliver Quilling. „Hier stehen wir erneut vor großen Herausforderungen in der räumlichen Versorgung dieses Förderbereichs. Alle drei Standorte haben wir in der Vergangenheit ausgebaut, doch die Zahl der Neuaufnahmen übersteigt die Zahl der Schulentlassungen beträchtlich und mittlerweile sind auch die ersten Rückkehrer aus der inklusiven Beschulung zu verzeichnen. Deswegen reichen die Kapazitäten nicht aus. Im kommenden Jahr soll die Janusz-Korczak-Schule Langen einen Modulbau mit acht Klassenräumen und Räumen zur Verbesserung des Raumangebotes für die Haupt- und Berufsorientierungsstufe erhalten. Die Schule am Goldberg Heusenstamm soll um einen zweiklassigen Modulbau erweitert werden. Damit können beide Schulen im Bedarfsfall die Friedrich-von-Bodelschwingh-Schule in Rodgau, die definitiv nicht ausbaufähig ist, entlasten. Zu einer Entlastung der Schulstandorte könnten auch weitere Kooperationsklassen beitragen. Um deren Bildung zu fördern, sollen erforderliche Räumlichkeiten künftig in den Ausbauprogrammen der allgemeinbildenden Schulen stärker berücksichtigt werden.“

Im Förderschwerpunkt Lernen vollzieht sich der erwartete Rückgang der Schülerzahlen an den Förderschulen. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt soll die Georg-Büchner-Schule Dreieich in die Schulanlage der Schillerschule verlagert werden. Die Planungen für eine Erweiterung des neuen Standortes um Räume für Fachunterricht und Ganztagsangebote laufen bereits. Ebenso stehen der Wiederaufbau der Helen-Keller-Schule Dietzenbach, die zum Beginn dieses Schuljahres ein Ausweichquartier bezogen hat, und ein Neubau für die Dezentrale Schule, Förderschule mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, in den kommenden Jahren an. Dabei erwies sich die Entscheidung gegen ein stationäres Förderschulangebot im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung und für eine Dezentrale Schule rückblickend als völlig richtig. Als eigenständige Förderschule hat sie sich kontinuierlich fortentwickelt, Netzwerke – mit Jugendhilfe, dem Gesundheitssystem und weiteren Kooperationspartnern – aufgebaut und ihr Angebot mit Blick auf die unterschiedlichen Ausgangslagen und Bedarfe der betroffenen Schülerinnen und Schüler und der allgemeinen Schulen erweitert. Die einst mit drei Büroräumen im Kreishaus gestartete Schule belegt inzwischen elf Räume. Damit stößt sowohl die Dezentrale Schule als auch das Kreishaus selbst an seine räumlichen Grenzen. Aus diesem Grund soll im Zuge des Wiederaufbaus der Helen-Keller-Schule geprüft werden, ob an diesem Standort auch die Dezentrale Schule untergebracht werden kann.

Neben den baulichen sind auch organisatorische Veränderungen geplant. Seit dem Jahr 2011 beschult die Abteilung „Lernstern“ der Dezentralen Schule auch die Schülerinnen und Schüler aus der Region Offenbach, die die Kinder- und Jugendpsychiatrische Tagesklinik der Vitos Riedstadt gGmbH in Dietzenbach besuchen. Mittlerweile hat der Kreis mit dem LWV Hessen Einigung erzielt, weiterhin stellvertretend für den LWV die Schulträgerschaft für die Tagesklinikschule „Lernstern“ wahrzunehmen. Die Abteilung Sprachheilförderung wird von der Konrad-Adenauer-Schule Seligenstadt ab dem Schuljahr 2021/22 an die Don-Bosco-Schule Seligenstadt verlagert. Damit folgen wir dem Prinzip „Sonderpädagogische Förderung aus einer Hand“.

„Der vorliegende Schulentwicklungsplan setzt eine Zwischenmarke in dem fortlaufenden Veränderungsprozess zum Ausbau des inklusiven Schulsystems im Kreis Offenbach“, so Landrat Oliver Quilling, „und ich danke alle Akteuren vor Ort – in den Schulen, in den Beratungs- und Förderzentren und in den inklusiven Schulbündnissen – für ihr Engagement für gemeinsames Lernen. Damit jedes Kind mit Anspruch auf sonderpädagogische Förderung seinen optimalen, persönlichen Lernort findet, werden aber auch die stationären Förderschulen in diesem Parallelsystem ihre Zukunft haben.“