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04.04.2022

»Mein Fleisch ist mir nicht wurscht«

Trotz Veganismus und Vegetarismus liegt der Fleischkonsum in Deutschland bei über 55 Kilogramm pro Person und Jahr. Seit Jahren ist diese Zahl rückläufig. Dennoch: Ganz ohne Wurst, Schnitzel und Braten sieht sich der Großteil der deutschen Bevölkerung offensichtlich noch nicht. Umso wichtiger ist es, die Fleischproduktion nach höchsten Standards des Tierwohls und auch hinsichtlich der Klimawirksamkeit zu betreiben. Während in der öffentlichen Diskussion dabei der Fokus vornehmlich auf der Tierhaltung und der Fütterung liegt, spielt der Abschnitt der Schlachtung und Verarbeitung ebenfalls eine maßgebliche Rolle dabei, wie unsere Wurst hergestellt wird.

Fleisch schmeckt vielen: Ob als Wurst vom Fleischer um die Ecke oder im Burger vom trendigen Laden in der Stadt. Doch selbst wenn wir während unseres Einkaufs auf die Regionalität der Fleischprodukte achten, ist nicht immer klar, welchen Weg diese gegangen sind. Eine Nachfrage zeigt oft ein ähnliches Bild: Die Tiere wurden in der Region gehalten und teils sogar mit regionalem Futter versorgt. Für die Schlachtung jedoch wurden oft mehrere Hundert Kilometer zurückgelegt – zu einem Schlacht- und Zerlege-betrieb und wieder zurück bis zur Ladentheke. Warum das so ist? Es gibt schlicht zu wenige regionale Schlachtbetriebe in Hessen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Anzahl der mittelständischen Schlacht- und Zerlegebetriebe drastisch reduziert. Nur wenige konnten dem Strukturwandel entgehen. Verschärfte Regelungen, Fachkräftemangel und sinkende Akzeptanz in der Gesellschaft tragen noch immer dazu bei, dass wir die Tiere viele Kilometer und Stunden zu zentralisierten Schlachtbetrieben in meist anderen Bundesländern transportieren müssen – und das regionale Produkt wieder zurück.

Nun gibt es neue Ideen, um neben der guten Tierhaltung auch die Schlachtung in der Region zu halten. Die teilmobile Schlachtung ermöglicht es, Tiere ohne stressigen Transport und unnötige Wartezeiten direkt ganz in der Nähe ihrer gewohnten Umgebung ihrer weiteren Bestimmung zukommen zu lassen. Heißt, speziell ausgebildete Landwirtinnen und Landwirte oder Metzgerinnen und Metzger töten die Tiere auf dem Betrieb ihrer Herkunft in speziellen mobilen und lebensmittelsicheren Räumlichkeiten. Ohne anstrengenden Transport, ohne Stress durch fremde Tiere, ohne Verletzungsgefahren und auch ohne lange, klimaschädliche Transportwege umd so weiter. Der Schlachtkörper wird anschließend klassisch in einen Zerlegebetrieb in der Nähe gebracht, in dem dann die einzelnen Produkte wie Wurst, Braten, Hackfleisch oder ähnlcihes zubereitet werden.

Die Ökomodell-Regionen Süd und Rhein-Main nehmen sich seit einiger Zeit diesem Thema an. Bereits vergangenen Winter konnte eine spezielle Fortbildung dazu angeboten werden. Am 16. März waren Praktikerinnen und Praktiker aus der Landwirtschaft und dem Metzgerhandwerk zum Hofgut Oberfeld in Darmstadt eingeladen. Dort hatten die Fachleute Gelegenheit, eben solche teilmobilen Schlachteinheiten zu besichtigen und sich über die Arbeit damit auszutauschen. Ein Lichtblick ist auch eine neue EU-Verordnung, mit der die Umsetzung dieses Verfahrens erleichtert wird.es ist nur ein Beispiel davon, wie die geforderte Regionalität von Fleischprodukten nicht bei der Haltung der Tiere endet, sondern bis in die Ladentheke gesichert werden kann. Damit arbeitet die Ökomodell-Region Rhein-Main und seine Kooperationspartner daran, dass die hessische Wurst eben auch eine hessische Wurst bleibt.

Quelle: Amt für ländlichen Raum beim Hochtaunuskreis