Kulturhistorische Radtour von Langen über Philippseich nach Dreieichenhain
Archäologische Fundstellen, Historische Stadtbefestigungen, Mühlen, Kleindenkmäler und ein Judenfriedhof
Dauer
circa zwei bis zweieinhalb Stunden. Wege bis auf das Stück zwischen Sühnekreuzen und Schloss Philippseich gut befahrbar.
Ausgangspunkt
Langen, Südliche Ringstraße, Parkplatz an der Stadthalle
Route
(1) Südliche Ringstraße, Zimmerstraße links, Bahnstraße rechts, August-Bebel-Straße, Leuschner-Platz, Borngasse, Bachgasse (2). Außerhalb der Stadtbefestigung Rundfahrt links Schrebergärten, Spitzer Turm, Turmgasse, Stumpfer Turm. Teichstraße/Regionalparkroute. Abstecher rechts zur Märzenmühle (3). Regionalparkroute, Sühnekreuze (4), rechts zur Barockstraße (5), Schloss Philippseich. Philippseicher Straße links, Offenthaler Weg links, Regionalparkroute rechts. Rundfahrt historischer Ortskern Dreieichenhain (6): Obertor, Fahrgasse, Spitalgasse, Untertor, am Weiher, Solmsche Weiherstraße, Hainer Chaussee. Ludwig-Erk-Straße, Hagenring links, Bahnübergang, alter Friedhof (Grünanlage). Am Kirscheck, Eschenweg Wacholderweg, jüdischer Friedhof (7). Zurück zur Koberstädter Straße, Neuer Friedhof, Mühlschneise, Mühltal.
1. Langen, Archäologische Fundstellen in der Siedlung Langen
Beim Bau der Siedlung in Langen, westlich des Sterzbaches wurden Fundstellen aus fast allen vor- und frühgeschichtlichen Epochen entdeckt, die eine jahrtausendlange Siedlungskontinuität von der Jungsteinzeit bis ins Frühmittelalter belegen. Offensichtlich bot die breite Talaue des Sterzbaches ideale Bedingungen für Ackerbau und Viehzucht. Einige der Funde sind im Museum in Langen ausgestellt.
Fundstellen von der Jungsteinzeit bis zur fränkischen Zeit in der Siedlung Langen (Stand 1956; nach Nahrgang).
2. Langen, Historische Altstadt
Langen gehörte bis ins 13. Jahrhundert zum Besitz des Klosters Lorsch, nach dessen Auflösung ab 1230 zum Kloster Mainz. 1256 erbten die Herren von Falkenstein den Ort als Lehen von den Herren von Hagen-Münzenberg und bauten kurz vor 1336 die Stadtbefestigung aus.
Der fast quadratische Grundriss des mittelalterlichen Ortes lässt sich heute noch im Stadtbild erkennen. Die wichtige Nord-Süd-Verbindung führte auf der Frankfurter Straße und der Fahrgasse durch die Stadt. Zwei Befestigungstürme (Stumpfer Turm, Spitzer Turm) und Teile der Befestigungsmauer sind erhalten geblieben. Der älteste Ortskern wird an der Ober- und Wassergasse vermutet. Nördlich davon lagen Klostergut, Wehrkirche und zwei Wildhuben.
Der Wehrturm der 834 erwähnten St. Jakobs-Kirche bestand noch bis ins 19. Jahrhundert. Die heutige evangelische Pfarrkirche wurde 1879 bis 83 im neugotischen Stil errichtet; im Zuge ihrer Einweihung erhielt Langen durch Großherzog Ludwig IV die Stadtrechte.
Auf dem Leuschnerplatz befindet sich der 1553 errichtete, mit Wappen verzierte Vierröhrenbrunnen; die Löwenfigur wurde 1720 ergänzt. Eine Kopie des Brunnens steht auf dem Marktplatz im Hessenpark.
In der Bachgasse stehen noch zwei mittelalterliche Sühnekreuze, davon eines mit einer eingerillten Darstellung, wohl eine Pflugschar oder ein Jagdhorn. Zwischen ihnen stand ursprünglich ein Steinblock. Der Sage nach spukt es hier: eine ledige jungen Mutter soll im Bach die Windeln ihres von ihr getöteten Kindes waschen.
Insgesamt sind im Kreis Offenbach noch 22 Exemplare dieser Rechtsdenkmale des 13. bis 16. Jahrhunderts erhalten, davon drei inzwischen im Dreieich-Museum, zwei als Nachbildung in Dudenhofen und eines versetzt im Hessenpark. Nach Flurnamen, Berichten und Fotos sind noch 26 weitere überliefert, die zum Teil erst in jüngster Zeit verschwunden sind. Mit dem Setzen eines solchen Kreuzes wurde im Mittelalter eine an dieser Stelle verübte Straftat gesühnt.
3. Merzenmühle und historische Grenze Hessen-Darmstadt und Ysenburg von 1783
Die Mühle wird 1405 als Springenmühle erwähnt; der Name Merzenmühle stammt von der Familie Merz, die von 1720 bis Ende des 19. Jahrhunderts Eigentümer waren. Die Mühle war bis 1951 in Betrieb und diente zuletzt als Sägemühle. Mühle und Teich waren mehrfach Grund für zerstörerische Auseindersetzungen zwischen den Grundeigentümern und den Müllern; aber auch Räuber und Soldaten plünderten im 30jährigen Krieg die Mühle und den Fischteich.
Die Hoheitsgrenze zwischen der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und dem Fürstentum Ysenburg wurde 1783 neu vermessen und ausgesteint (HD / Y / 1783). Vorausgegangen waren zahlreiche Grenzstreitigkeiten um versetzte und zerstörte Steine sowie Grenz-verletzungen bei angeschossenem Wild. 1780 einigten sich Darmstadt und Ysenburg auf eine Neuaussteinung; Grenzkommissare wurden ernannt. Die Steine hierzu kamen aus einem Steinbruch in Langen. Im Herbst 1783 wurde unter Aufsicht der Grenzkommission die Grenze vermessen und die Steine gesetzt.
Erfahren Sie mehr über die Steine in der Dreieich.
4. Sühnekreuze an der Hainer Trift
Zwei mittelalterliche Sühnekreuze stehen noch an der Hainer Trift. Das hohe schlanke Kreuz hat einen verstümmelten Arm, auf einer Seite ist ein Kreuz eingemeißelt. Das zweite Sühnekreuz ist deutlich kleiner und zeigt an einem Arm Schab- und Wetzspuren und hat auf dem Kopf eine näpfchenartige Vertiefung.
Der Sage nach hätten erste Sendboten des Christentums die Kreuze errichtet, am Zugang zu einer heidnischen Kultstätte, dem „Hain des Götzen". Die Kreuze sollten die Anhänger des alten Glaubens an den neuen erinnern. Die Steine standen neben einem Dreimärker zu dem man ging, wenn ein zahnendes Kind Schmerzen hatte und schlug kleine Splitterchen ab, die man in einem Beutel dem Kind um den Hals hängte, vielleicht mussten auch die Steinkreuze manchmal dafür herhalten.
5. Historische Allee bei Schloss Philippseich
Im Mai 2003 entdeckte der Heimatforscher Gerhard Breyer im Wald bei Schloss Philippseich ein Straßenpflaster, dass von einer dünnen Sand- und Humusschicht abgedeckt war. Es handelt sich um eine 6,50 breite Fahrbahn, die in einem hohlwegartigen Düneneinschnitt auf das Schloss zuläuft. Sie führte zu drei heute nicht mehr vorhandenen Häusern (altes Forsthaus, Pfarr- und Schulhaus sowie ein Tagelöhnerhäuschen) und mündete in die Alte Rheinstraße, einem mittelalterlichen Fernverbindungsweg. Auf den Dünen liegen noch vorgeschichtliche Grabhügel.
Schloss Philippseich geht auf einen 1662 durch Landgraf Johann Ludwig von Isenburg-Birstein angelegten Tiergarten zurück. 1666 bis 67 erfolgte der Bau eines hölzernen Jagdschlosses, das schon 1700 wieder abbrannte. Das heutige Schloss wurde 1794 bis 1800 erbaut. Zu der denkmalgeschützten Gesamtanlage gehören die evangelische Kirche, der „Grüne Bau", der zunächst als Jagdschloss, später als Orangerie diente und die Försterei; hinzu kommen noch weitere Gebäude wie Stallungen und kleinere Wohnhäuser.
6. Dreieichenhain, Historische Altstadt, Burg und Wallanlagen
Im 9. oder 10. Jahrhundert wurde in Dreieichenhain, im Zentrum des Forestis (Königsforst, später Wildbann) Dreieich ein befestigter königlicher Jagdhof errichtet. Im 11. Jahrhundert bauten die Herren von Hagen (-Münzenberg) eine Turmburg, die im 12. Jahrhundert mit Bergfried, Palas und Wirtschaftsgebäuden erweitert wurde. 1268 gelangte die Burg durch Erbteilung an Falkenstein und Hanau. Anfang des 15. Jahrhunderts ging der Falkensteiner Besitz an die Herren von Isenburg über, die es 1710 ganz übernahmen; Ende des 18. Jahrhunderts wurden Steine der zunehmend verfallenen Burg für den Chausseebau verwendet. Die Befestigung der Stadt, in der sich weitere Burgmannenhöfe und die Häuser der Handwerker befanden, wurde im Laufe der Zeit weiter ausgebaut und ist noch in großen Teilen erhalten.
7. Dreieichenhain, Alter Friedhof und Jüdischer Friedhof
Gegenüber dem „50. Breitengrad", einem zweckentfremdeten historischen Grenzstein von der Grenze Hessen-Darmstadt/Ysenburg, liegt der alte Friedhof von Dreieichenhain. Nur noch wenige Grabdenkmäler sind in der Grünanlage erhalten. Hier steht auch das Kriegerdenkmal der Opfer des Krieges 1870/71.
Am Ende des Wacholderweges findet sich der jüdische Friedhof. Die kleine Gemeinde Dreieichenhain begrub dort ihre Toten von 1875 bis 1936. Vorher bestatteten sie ihre Verstorbenen auf dem Offenbacher Friedhof, als dieser dem Bahnhofsneubau weichen musste, wurde der Bestattungsvertrag mit den Landjuden nicht erneuert. Danach wurden die Dreieicher, Götzenhainer und Sprendlinger Juden auf dem 1861 eingerichteten Friedhof in Sprendlingen beerdigt.