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20.11.2023

Fachtag »Assistierter Suizid«: Diskussionsforum für hochemotionales Thema geschaffen

„Assistierter Suizid“, so lautete das Thema eines Fachtages, den die Leitstelle Älterwerden des Kreises Offenbach am Mittwoch im Kreistagssitzungssaal des Kreishauses in Dietzenbach veranstaltet hat. Im Fokus standen die unterschiedlichen Ansätze und Argumente von Gesetzgeber, Medizinerinnen und Medizinern sowie Betroffenen, um einen angemessenen und ethisch vertretbaren Rahmen für dieses sensible und emotionsbeladene Thema zu schaffen. „Der assistierte Suizid, bei dem medizinisches Personal oder andere Personen einem Menschen helfen, sein Leben selbstständig zu beenden, hat in den letzten Jahren zu intensiven Diskussionen geführt“, machte auch der Kreisbeigeordnete und Sozialdezernent Carsten Müller vor den rund 80 Teilnehmenden des Fachtages deutlich. Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht die bisher gültigen Regelungen zur Suizidhilfe aufgehoben und festgestellt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Ausdruck persönlicher Autonomie auch ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Die Bundesregierung wurde im Zuge dessen mit einer Neuregelung der Suizidhilfe beauftragt.

Angesichts der Schwierigkeit eine einheitliche gesetzliche Regelung zu finden, die unterschiedlichen persönlichen Schicksalen und Lebenslagen gerecht werden kann, konnte sich der Bundestag bis heute noch nicht auf einen endgültigen Gesetzesentwurf einigen. Die Herausforderung besteht vor allem darin, zum einen die Selbstbestimmung zu ermöglichen und zum anderen dafür Sorge zu tragen, dass es sich bei dem Entschluss, assistierten Suizid zu begehen, wirklich um eine freie Entscheidung handelt.
Die ungeklärte gesetzliche Lage erschwert es, sich zu diesem Thema zu positionieren. „Wir wollen den Fachkräften daher Informationen bieten, um es ihnen leichter zu machen, mit dem komplexen und emotionalen Thema umzugehen. Außerdem möchten wir den Austausch anregen und unterschiedlichen Stimmen einen Raum geben“, sagte Anja Breitenbach, die Fachdienstleiterin der Leitstelle Älterwerden.

Im Jahr 2021 haben sich laut Statistischem Bundesamt deutschlandweit insgesamt 9.215 Menschen das Leben genommen. Es ist bekannt, dass auf jeden erfolgreichen Suizid zahlreiche weitere Suizidversuche kommen. Diese Zahlen verdeutlichen die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Suizidprävention, die nicht nur auf individueller, sondern auch auf gesellschaftlicher und struktureller Ebene ansetzen müssen. Die Referenten wiesen während der Veranstaltung in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der psychischen Gesundheitsversorgung, den notwendigen Abbau von Stigmatisierung und den so eminent wichtigen Zugang zu Hilfsangeboten für Menschen in emotionalen Krisen hin. Es gehe darum, die Ursachen von Suizidwünschen zu verstehen und präventive Maßnahmen zu fördern. „Suizidprävention sollte nicht nur auf die Verhinderung des assistierten Suizids abzielen, sondern auch auf die umfassende Unterstützung von Menschen, die mit Suizidgedanken oder psychischen Gesundheitsproblemen konfrontiert sind“, betonten auch Carsten Müller und Anja Breitenbach übereinstimmend.

Angesichts der kontroversen Natur dieses Themas ist es wichtig, einen offenen Dialog zu fördern. „Die Gesellschaft muss Raum für Diskussionen bieten, die ethische Überlegungen, individuelle Freiheiten und soziale Verantwortung miteinschließen. Genau dies war ein Ziel der Veranstaltung. Zudem wollten wir den Fachkräften im Kreis sowie unseren eigenen Beschäftigten argumentatives Rüstzeug mit an die Hand geben. Denn in dieser hochemotionalen Debatte ist eine ausgewogene und respektvolle Diskussion unerlässlich, um gemeinsame Lösungen zu finden, die der Komplexität angemessen Rechnung tragen“, so Müller abschließend.

Mehr Informationen zur Leitstelle Älterwerden und ihren Angeboten sind unter www.kreis-offenbach.de/leitstelle-älterwerden/ abrufbar.