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27.11.2001

Bildung, Betreuung, Begegnung

Schullandschaft muss neu formiert werden

Nachdem Landrat Peter Walter Anfang September den Fachdienst Bildung übernommen hat, ist vieles in Bewegung gekommen. "Ohne die Schullandschaft neu zu ordnen," erläutert er im Rahmen einer Pressekonferenz, "sind wir den Lehr- und Lernanforderungen der Zukunft kaum gewachsen. Wissen und Bildung sind nach wie vor das Kapital in unserem Land, das uns internationale Wettbewerbsfähigkeit garantiert. Darüber hinaus muss Schule und Schulraum heute mehr bieten als Unterricht von 08:00 bis 14:00 Uhr. Sie muss zum Mittelpunkt von Kommunen und Stadtteilen werden und als Kommunikationszentrum allen offen stehen unter der Devise: Bildung, Betreuung, Begegnung."

"Vor diesem Hintergrund haben wir verschiedene Konzepte erarbeitet," führt der Landrat weiter aus, "die in unterschiedlicher Hinsicht neue Perspektiven eröffnen. Eine der wichtigsten Problemstellungen, die vor allem alleinerziehende und berufstätige Eltern seit langem beschäftigt, ist die Einrichtung von Betreuungsangeboten an Grundschulen. Drei Einrichtungen sind jetzt ausgewählt, um in einem ersten Schritt Modelle zu erproben, die dann von allen 51 Einrichtungen im Kreis übernommen werden können."

In der letzten Bürgermeisterdienstversammlung wurde ein Konzept vorgestellt, das von allen akzeptiert wurde. Nachdem Schule und Förderverein – je nach Trägerschaft des Betreuungsangebotes – einen Antrag an die Standortgemeinde gestellt haben, stimmen diese gemeinsam mit der Kreisverwaltung Raumprogramm und Abwicklung der Baumaßnahmen ab. Soweit möglich stellt der Kreis Schulgelände für bauliche Maßnahmen zur Verfügung. Ein Drittel der Baukosten trägt der Kreis, zwei Drittel die jeweilige Standortkommune. Aus Gründen der Gleichbehandlung kommt der Kreis außerdem für die laufenden Betriebskosten auf, er beteiligt sich allerdings nicht über den bislang gewährten Zuschuss hinaus an Personal- und Sachkosten. Im Haushalt 2001 stehen außerdem für bereits laufende Betreuungsmaßnahmen 205.000 Mark und im Haushalt 2002 440.000 Mark zur Verfügung."

Die Flächen für das erweiterte Nachmittagsangebot binden an den beiden Rodgauer Schulen, Gartenstadtschule und Freiherr-vom-Stein-Schule, zur Hälfte die Nutzung von Unterrichtsräumen mit ein. An der Gartenstadtschule fallen bauliche Maßnahmen in einer Größenordnung von 800.000 Mark an. Die Kosten für die Betreuung belasten die Kreiskasse mit 875.000 Mark. An der Freiherr-vom-Stein-Schule werden derzeit alternative Leichtbauweisen geprüft, um die investiven Kosten im Rahmen zu halten. Die Betreuung schlägt mit 630.000 Mark zu Buche. An der Albert-Schweitzer-Schule in Langen, Dritte im Bunde, hat der Förderverein in Eigenhilfe einen Pavillon erstellt. Um das tatsächlich erforderliche Raumprogramm zu realisieren, muss der Kreis in den kommenden Jahren 3,12 Mio. Mark investieren.

"Nur diese wenigen Zahlen machen bereits deutlich," erläutert Peter Walter, "dass auf den Kreis mittelfristig Investitionen in Millionenhöhe zukommen. Wenn wir die Forderungen nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf jedoch ernst nehmen, müssen wir diesen Weg möglicherweise auch unter Einbeziehung privater Partner, konsequent gehen. Mittelfristig ist allerdings das Betreuungsangebot nur ein Teil dessen, was Schule der Zukunft ausmacht. Ohne Hausaufgabenhilfe, Programme zur Sprachförderung, Schulsozialarbeit und Integration der nichtdeutschen Kinder erreichen wir keine Chancengleichheit für die berufliche Ausbildung. Außerdem sollen Beratungsangebote und andere Leistungen der Jugendhilfe vor Ort sowie die Einbindung von Vereinen dazu beitragen, die Nutzung des Lernstandortes optimal zu gestalten. Nur so kann sich kommunale Schule langfristig zum Begegnungsort von Jung und Alt entwickeln."

"Nachdem wir den Anfang mit Schulen gemacht haben, die bereits funktionierende Konzepte haben, für die nur ein Ergänzungsbedarf besteht," erklärt Peter Walter, "wollen wir in einem zweiten Schritt interessierte Kommunen für das neue Modell der kommunalen Schule gewinnen. Beginnen werden wir vermutlich in Neu-Isenburg und Zellhausen, wo der Neubau von Schulen unausweichlich ist. Bürgermeister Oliver Quilling hat bereits signalisiert, dass der Standort der Wilhelm-Hauff-Schule für ein solches Projekt hervorragend geeignet ist. Bis Ende des Jahres wird durch das Planungsbüro Schmitz in Aachen ein gemeinschaftliches Konzept vorgelegt werden, an dem neben der Stadt auch das Staatliche Schulamt, die Schule, die Elternschaft und der Schulträger beteiligt sind. Das einmalige Modellprojekt, das von der Vision kommunale Schule ausgeht, wird die Schule aus dem isolierten Raum herausholen, die Betreuung über 13:00 Uhr hinaus sicherstellen, zuverlässige Zusammenarbeit von Betreuungsträgern und Schule garantieren, freiwillige Partnermodule mit einbeziehen und Vereine einbinden, um Betreuung zu stützen, zu fördern und auszubauen."

"Wichtig ist es," hebt der Landrat hervor, "dass die Ressourcen in einem Sozialraum gebündelt werden. Durch die Verbindung von Betreuungs- und Jugendhilfeangeboten kann der Fehlentwicklung von Kindern bereits sehr früh entgegengewirkt werden, um spätere Folgeschäden erst gar nicht entstehen zu lassen. Die Standortbindung übernimmt dabei eine wichtige und zukunftsweisende Funktion. Neben den Vertretern der unterschiedlichen Fachdienste ist auch das Kultusministerium zur Mitarbeit eingeladen. Wenn alle ihre Vorstellungen und Visionen von Schule in diesen Arbeitskreis einbringen, werden wir eine Einrichtung schaffen, die allen Wünschen gerecht wird. Um uns ein besseres Bild von den Wünschen machen zu können, planen wir im kommenden Jahr eine Befragung von Grundschulkindern, um zu erfahren, wie sie sich die ideale Schule vorstellen. Angedacht ist ebenfalls eine interaktive Befragung von Schülerinnen und Schülern ab der Mittelstufe. Über die Ergebnisse sollte dann in einem gemeinsamen Workshop mit den Jugendlichen und mir diskutiert werden."

"Zur Schule der Zukunft gehört selbstverständlich auch," so der Verwaltungschef weiter, "die optimale Ausstattung in der EDV. Fast in jeder Kreisausschusssitzung wird über Ausstattungsverträge entschieden, so wird in der Hans-Memling-Schule Seligenstadt ein PC-Schulungsraum im Gesamtwert von 34.500 Mark eingerichtet. Die August-Bebel-Schule Offenbach erhält knapp 76.000 Mark für Neueinrichtung und Modernisierung von EDV-Räumen und in der Ricarda-Huch-Schule Dreieich wird in absehbarer Zeit der Informatikraum erneuert. Insgesamt werden wir in den kommenden Jahren 20 Mio. Mark bereitstellen müssen, um die Schulen medientechnisch fit für die Anforderungen der kommenden Jahre zu machen. 1,36 Mio. Mark sind bereits im Haushalt 2001 und knapp 2 Mio. Mark im Haushalt 2002 veranschlagt."

Um dieses Ziel noch besser zu erreichen, soll jetzt eine Kooperationsvereinbarung zur Umsetzung der Medieninitiative "Schule@Zukunft" unterzeichnet werden, die vom Land Hessen initiiert wurde. Ziel dieser Vereinbarung ist es, Medieninitiativen zu koordinieren, um eine Verbesserung der Ausstattung in Schulen mit Computernetzwerken, Internetzugängen und Software zu erhalten. Mit Unterstützung der hessischen Wirtschaft werden Regelung der Pflege und Wartung der Computer und Netze eine Schlüsselfunktion im Unterricht, garantiert. Ein regelmäßiger partnerschaftlicher Informationsaustausch zu dem das Programmmanagement die erforderlichen Arbeitshilfen liefert, gewährleistet die Umsetzung des Konzeptes zu dem auch immer wieder die Überprüfung der Möglichkeiten zur Verbesserung der Eigenverantwortung und Selbststeuerung der Schulen gehört."

"Das Kultusministerium hat darüber hinaus," führt der Landrat weiter aus, "gemeinsam mit der Bertelsmann-Stiftung ein mehrjähriges internationales Projekt "International Network of Innovativ Schools (INIS)" ins Leben gerufen, an dem sich die Weibelfeldschule, die Ludwig-Erk-Schule, die Wingertschule und die Schillerschule beteiligen werden. Ziel ist es, internationale Vergleiche von Leistungen der Schulen auf Basis von Qualitätsindikatoren zu erstellen. Die dafür erforderlichen Gesamtkosten von 27.000 Mark werden vom Kreis getragen."

"Internationalität nimmt auch auf anderer Ebene," erklärt Peter Walter, "einen immer größeren Raum ein. Zahlreiche Eltern haben mich in der Vergangenheit darauf angesprochen, ob es nicht möglich sei, im Kreis Offenbach eine internationale Schule einzurichten. Einige schicken ihre Kinder bereits auf vorhandene Einrichtungen in Sindlingen und in Oberursel. Entsprechend haben wir jetzt ein Verfahren eingeleitet, um bei der IHK Offenbach und in dem Kreis ansässigen Unternehmen den Bedarf zu ermitteln, um anschließend Gespräche mit den Betreibern internationaler Schulen aufzunehmen. Denkbar ist, erst einmal im Kindergartenbereich zu beginnen, um bei Bedarf dann auch den Primary-Bereich (Grundschule) auszubauen."

"Die Leiterin der International School Frankfurt – Rhein-Main hat angedeutet," ergänzt der Verwaltungschef, "dass möglicherweise auch von bayrischer Seite Interesse an einer solchen Einrichtung besteht. Einige Städte und Kommunen haben bereits jetzt schon Standortinteresse bekundet. Darüber soll aber erst entschieden werden, wenn die Bedarfsabfrage abgeschlossen ist. Die Globalisierung der Wirtschaft spricht sicher dafür, dass eine solche Einrichtung auch im Kreis Offenbach immer mehr an Bedeutung gewinnt. Parallel dazu werden internationale Schulpartnerschaften gefördert, denn sie tragen erheblich dazu bei, sich gegenseitig kennen zu lernen und Verständnis füreinander zu wecken. Eine Servicestelle beim Kreis wird den Schüleraustausch koordinieren sowie Tipps und Infos anbieten, um solche Maßnahmen erfolgreich durchzuführen."

"Ein weiteres Ziel," so der Landrat, "ist die Einrichtung einer Berufsakademie, an der zunehmend junge Leute Interesse haben, denn sie vermittelt Theorie und Praxis gleichzeitig. Auch hier sind wir dabei zu prüfen, welchen Bedarf es gibt und wie eine solche Institution sukzessive aufgebaut werden könnte. Neben den zahlreichen neuen Projekten sollen aber auch bestehende Aufgaben nicht vernachlässigt werden, denn der Investitionsstau der vergangenen Jahre offenbart heute umfassenden Handlungsbedarf. Dazu gehören nicht nur Renovierungs- und Neubaumaßnahmen, sondern auch der Bau geeigneter Sportstätten wie die Drei-Felder-Turnhalle am Dreieichgymnasium, Langen, die Zwei-Felder-Turnhalle am Adolf-Reichwein-Gymnasium in Heusenstamm und Turnhalle sowie Gymnastikraum für die Brüder-Grimm-Schule sowie zur Nutzung der Bodelschwingh-Schule in Mühlheim-Lämmerspiel. Ein weiteres Ziel ist die Neuorganisation der Einhardschule. Die bisherige Gesamtschule soll, dem Bedarf entsprechen, in ein Gymnasium und eine Haupt- und Realschule an nur noch zwei Standorten, gegliedert werden. Der Raumplan wurde in unserem Haus bereits erarbeitet, über die schulorganisatorische Maßnahme ist in den schulischen Gremien noch nicht abschließend entschieden. Wichtig ist es die Vielfalt der Schulformen zu erhalten und den Bedürfnissen von Kindern und Eltern anzupassen."

"Der Blick in die Gegenwart zeigt," so der Landrat abschließend, "dass die Versäumnisse der Vergangenheit schnell aufgearbeitet werden müssen, um die Bildungsmöglichkeiten für die Zukunft zu schaffen. Dieser Aufholjagd müssen wir uns unter verschiedenen Perspektiven stellen, denn die Kinder von heute werden die Bürger von morgen sein."