Siebenschläfer
Regional genießen = Lokale Streuobstwiesen schützen
Naturschutz durch regionale Vermarktung von Streuobstprodukten in Langen und Egelsbach
Seit Jahrhunderten gehören Obstwiesen zu den Landschaftsbild prägenden Elementen der hessischen Kulturlandschaft. Hochstämmige Apfel-, Birn-, Pflaumen-, Kirsch- und Zwetschgenbäume umgaben früher ringförmig unsere Ortschaften und prägten als aufgelockerte Streuobstwiesen die Landschaft. Aufgrund ihres wechselnden Erscheinungsbildes im Jahresverlauf bieten Streuobstwiesen dem Erholungssuchenden zu jeder Jahreszeit einen reizvollen Anblick. Erfreulicherweise ist auch Langen noch von ausgedehnten und dichten Streuobstbeständen besonders im Osten der Stadt umgeben. Innerhalb des Kreises Offenbach zählt Langen zu einem der bedeutendsten Streuobststandorte. Langen ist zudem durch das weit über die Region bekannten Ebbelwoifest mit alljählicher Körung des Ebbelwoikönigs und „Ebbelwoidaaf" (-taufe) für prominente Neubürger traditionell mit der Apfelweinkultur verbunden.
Streuobstwiesen stellen aber auch für viele selten gewordene Tier- und Pflanzenarten einen wichtigen Lebensraum und Rückzugsort in unserer Kulturlandschaft dar. Die einzigartige Kombination aus den beiden Lebensräumen Wiese und Obstbaum bietet insbesondere Höhlen bewohnenden Tieren wie Siebenschläfern, Steinkäuzen, Fledermäusen, Wendehälsen oder Haselmäusen sowie vielen Insektenarten wie Käfern, Schmetterlingen oder Faltern, Nahrungs- und Nistplätze.
Ein ökologisch wichtiger Lebensraum soll erhalten bleiben
Dieser wertvolle, anthropogen entstandene Lebensraum kann nur durch regelmäßige Pflege erhalten werden, anderenfalls würden die Bäume auseinander brechen, die Wiesen verbuschen und die Landschaft von Hecken und Sträuchern allmählich in Wald übergehen. Leider sind auch in Langen viele Streuobstweisen durch Nutzungsaufgabe in ihrem Bestand gefährdet. Zum Erhalt dieses für Langen typischen Biotops wurden daher seit dem Jahre 1998 alte verbrachte Streuobstwiesen durch regelmäßigen Obstbaumschnitt, Entbuschung der Wiesen und Einrichtung einer landwirtschaftlichen Wiesennutzung instand gesetzt. Die Maßnahmen wurden aus der naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe finanziert. Insgesamt konnten so bisher 15 ha Obstwiesen mit 700 Bäumen in den Gebieten "Im neuen Hain", "Am Springenweg" und "Am Albanusberg" erhalten werden. Allerdings ist eine langfristige Pflege der Flächen mit der Ausgleichsabgabe nicht möglich. Daher wird diese Pflege durch die Vermarktung der Äpfel finanziert.
Die Idee fand das Interesse der Mitglieder der Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute aus Langen und Egelsbach. Die Mitglieder erklärten sich bereit, die Ernte der Bäume ehrenamtlich zu leisten und den Apfelwein in beteiligten Gaststätten und Betrieben zu vermarkten. Alle Einnahmen, die nach Abzug der Unkosten gewonnen werden, fließen direkt dem Naturschutz zu. Im Herbst 2004 startete das Projekt mit zwei Erntetagen mit freiwilligen Helfern sowie ehrenamtlichen Naturschützern mit der Produktion eines lokalen Apfelweins aus dem Ost der Langener und Egelsbacher Streuobstwiesen. Die Besonderheit der lokalen Spezialität liegt in dem Naturschutz-Beitrag, den die Käufer durch eine kleinen "Aufpreis" beim Kauf des Apfelweins leisten und in dem ehrenamtlichen Engagement der freiwilligen Erntehelfer. Die lokalen Produkte werden unter dem Namen des „Siebenschläfers" vermarktet. Der Siebenschläfer steht dabei stellvertretend für alle Tiere der Streuobstwiesen, deren Lebensraum mit dem Projekt erhalten werden soll. Zudem war der Siebenschläfer Wildtier des Jahres 2004, dem Geburtsjahr des ersten Produktes, dem Siebenschläfer-Apfelwein von Langener und Egelsbacher Obstwiesen.
Von der Wiese in Bembel oder Flasche
Die Apfelernte wird in zwei Keltereien weiterverarbeitet. Ein Teil wird in der traditionellen Langener Kelterei und Restaurant „Zum Haferkasten" in der Langener Altstadt gekeltert und in den Partnerbetrieben in Langen und Egelsbach direkt aus dem Fass gezapft und ausgeschenkt. Der andere Teil der Ernte wird von der renommierten Kelterei Stier aus Maintal-Bischofsheim nach dem Keltern in Flaschen abgefüllt. Die Siebenschläfer-Produkte werden in den Mitgliedsbetrieben der Apfelwein- und Obstwiesenroute beispielsweise im Langener Rathaus verkauft oder als Präsent der Kommunen bei Jubiläen an Bürger und Gäste überreicht.
Der Siebenschläfer und das Kulturbiotop Streuobstwiese mit seiner einzigartiger Flora und Fauna sind ebenso Thema auf verschiedenen Veranstaltungen wie Kelterfesten, Fahrrad- oder Wandertouren auf dem Teilabschnitt der Apfelweinroute, Informationsständen auf Umwelt- und Naturschutzveranstaltungen. Mit verschiedenen Informationsmaterialien wie Infoflyer, Aufsteller für die Gaststättentische sowie Postkarten und „Apfelweindeckel" wird über Ziel und Zweck der Naturschutzaktion aufgeklärt.
Äpfel sind vielseitig ...
Folgende Produkte sind erhältlich:
- Apfelwein
- Apfelbrand
- Apfelcidre
- Apfelmost
- Blütenhonig
- Apfelweinbrot
- Apfelweinpralinen
- Apfelweingelee
- Apfelweinsenf
- Siebenschläfer-Plüschtier
Ein Bewohner der Streuobstwiesen stellt sich vor
Der Siebenschläfer ein vielseitiges Talent: Langschläfer, Wetterprophet, Musikant und Akrobat
Der Siebenschläfer erinnert mit seinem bräunlich-grauem Fell und dem buschigen, fast körperlangen Schwanz dem er zum Balancieren verwendet, an ein kleines Eichhörnchen.
Im Herbst legt er ordentlich an Körperumfang zu und begibt sich damit in einen langen Winterschlaf von fast sieben Monaten, daraus resultiert auch sein Name. Das nachtaktive Tier lebt gerne gesellig in kleinen Gruppen oder in Familien. Siebenschläfer sind im Übrigen sehr stimmfreudige Tiere. Sie verständigen sich untereinander mit einem breiten Spektrum verschiedenartiger Laute - von trillernden Pfiffen über allerlei murmelnde und murksende Laute bis hin zu Quieken und Zirpen. Erst wenn die Nacht hereinbricht, wird der kleine Kletterer munter. Er klettert sehr gewandt selbst in dünnem Gezweig umher und kann zielsicher meterweite Sprünge vollführen. Schattenhaft gleiten die kleinen Säugetiere emsig in den Baumkronen umher und widmen sich der Nahrungssuche und -aufnahme. Als Lieblingsspeisen stehen Samen, Nüsse, junge Baumtriebe und Insekten auf dem Speiseplan.
Auch als Wetterprophet ist der Siebenschläfer bekannt. Nach einer alten Bauernregel „Regnet es am Siebenschläfertag, der Regen sieben Wochen nicht weichen mag" entscheidet sich am 27. Juni, dem so genannten Siebenschläfertag, das Schicksal des Sommerwetters. Diese Wetterregel ist zwar wissenschaftlich nicht haltbar, gibt aber eine häufig beobachtete Erfahrung wieder: In Mitteleuropa wird Ende Juni oft der Witterungscharakter des gesamten Sommers bestimmt.