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Industriekultur

Vom Leder und der Luftschifffahrt

Der Kreis Offenbach hat eine wechselvolle Industriegeschichte. Handel, Dienstleistungen, Produktion und Gewerbe spielen seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle. In einigen der 13 zum Kreis gehörenden Städte und Gemeinden kann man gut erhaltene Reste der technischen Errungenschaften aus vergangenen Jahrhunderten entdecken und manches sogar ausprobieren, wie etwa in einer Diamantschleiferei. Durch einige Kommunen im Nordosten des Kreises Offenbach führt der Abschnitt „Hessischer Oberer Main“ der Route der Industriekultur.

Dank des Engagements einiger Geschichts- und Heimatvereine kann die Industriegeschichte im Kreis Offenbach in Museen erlebbar werden. Es gibt in den Städten und Gemeinden rund 20 Einrichtungen mit viel Geschichte und Geschichten. Ehrenamtliche Kräfte haben den Alltag des produzierenden Gewerbes von einst aufgearbeitet. Auf Info-Tafeln und Bildern berichten sie über die Glanzzeiten in den Produktionsstätten und über die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen, die das Zusammenbrechen einiger Branchen für die Menschen hatte.

Manch alte Fabrik bewahrt ein Stück Industriegeschichte. Was man dort erfährt, ist in den Geschichtsbüchern für Kinder und Jugendliche so nicht zu finden, deshalb fungieren die alten Produktionsstätten und Museen oft auch als außerschulische Lernorte, an denen die Geschichte der Arbeiterbewegung und Industrialisierung verdeutlicht wird.

Dreieich

Biotest AG

Die Firma Biotest wurde 1946 von der Familie Schleussner, welche zuvor die ADOX Fotowerke in Neu-Isenburg führte, gegründet.
Seit 1948 stellt sie als eine der ersten Firmen Europas ein Serum zur Untersuchung des Rhesus-Faktors im Blut her, wodurch Bluttransfusionen mit inkompatiblem Rhesus-Faktor und damit verbundene Reaktionen vermieden werden. Auch heute beschäftigt sich das Unternehmen mit der Forschung in den Bereichen der Immunologie, Hämatologie und Intensivmedizin.

Hainburg

Herr der Ringe

Die Trauringmanufaktur Johann Kaiser war früher in Hainburg noch einer der bundesweit wenigen Betriebe, der Schmuck selbst herstellte. Zu besonderen Anlässen wie etwa bei den Tagen der Industriekultur FrankfurtRheinMain ist die Geschichte dieser Firma wieder lebendig geworden. Gezeigt wurden dann Schmuckguss- und Metallschmelzverfahren sowie eine hochtechnisierte Drehanlage, auf der heutzutage Trauringe hergestellt wurden.

In der Garage leisteten sie Pionierarbeit

Einer der bekanntesten Hainburger Firmeninhaber ist Heinrich Josef Winter. Der Pionier hat sein Unternehmen – wie das auch bei einigen Startups in der IT-Branche der Fall war – in einer Garage in der Rathausgasse (siehe Foto) gegründet, allerdings schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Produktionsbedingungen sollen abenteuerlich gewesen ein, doch Winter ließ sich von den Kritikern nicht aufs Glatteis führen, sondern entwickelte seine Ideen weiter. Seine in der Metallbranche erlernten Kenntnisse und Fähigkeiten setzte er in der thermoplastischen Kunststoffverarbeitung um und etablierte das neue Material Kunststoff in vielen technischen Anwendungsbereichen. Winter hält viele Patente, seine Produkte eroberten die ganze Welt.

Die Feldbahn war tonangebend

Im Ortsteil Hainstadt der Gemeinde Hainburg steht ein Gebäude mit einer zweifarbigen Backsteinfassade und großen geschwungenen Fensterbögen, das den Stil der Neurenaissance verkörpert. Dort ging es früher heiß her und so ist es auch heute noch. Das familiengeführte Ziegelwerk Franz Wenzel brennt nach wie vor Ziegeln. Vor rund 80 Jahren wurde dort erstmals der Ton über eine 1,6 Kilometer lange Eisenbahnstrecke mit Loren ins Werk gekarrt. Ein Verein pflegt die Reste der Ziegelei-Feldbahn der einstigen Firma Blumör und macht auf der Strecke ab und an wieder Dampf. Wer die Gelegenheit hat, in der Lokomotive mitzufahren, kann sich über eine kurze Tour durchs Grüne freuen.
bit.ly/Schlusslaterne

ein paar Kilometer entfernt von den Steinbrüchen in Mühlheim präsentiert sich in Hainburg eine zweifarbige Backsteinfassade im Stil der Neurenaissance mit großen geschwungenen Fensterbögen als gut erhaltenes Gebäude der Industriekultur. Dort geht es auch heute noch heiß her, denn das familiengeführte Ziegelwerk Franz Wenzel brennt nach wie vor Ziegeln. Vor rund 80 Jahren wurde dort erstmals der Ton über eine 1,6 Kilometer lange Eisenbahnstrecke mit Loren ins Werk gekarrt. Die Rückearbeit an den Lorengleisen der ehemaligen Ziegelei Blumör war früher anstrengend. Unterstützung gab es dabei nach dem Zweiten Weltkrieg auch von einem Kettenbagger.

Heute ist auch hier an vielen Stellen über die Vergangenheit Gras gewachsen. Ein Verein pflegt die Reste der Ziegelei-Feldbahn der einstigen Firma Blumör und macht auf der Strecke ab und an wieder Dampf. Die Freunde dieser historischen Bahn haben somit die Weichen für die Route der Industriekultur neu gestellt. Wer die Gelegenheit hat, in der Lokomotive mitzufahren, kann sich über eine kurze Tour durchs Grüne freuen.

Hier öffnet sich eine Schatztruhe

In der Schatztruhe der Industriekulturen liegen wahre Schmuckstücke und manchmal sogar Edelsteine. So wie in Klein-Krotzenburg. In dem heutigen Ortsteil der Gemeinde Hainburg gab es früher eine Diamant-Schleiferei. Der örtliche Heimat- und Geschichtsverein, einer der jüngsten im Kreis Offenbach, hat einige Gerätschaften aus der alten Produktionsstätte gerettet. In den Vereinsräumen wird das alte Handwerk neu präsentiert. Ein Diamantschleif-Arbeitsplatz ist komplett rekonstruiert worden. Die Edelsteinschleiferei erlebte in Hainburg zwischen den beiden Weltkriegen eine Glanzzeit. Damals arbeiteten rund 250 Beschäftigte in zwei Dutzend Betrieben. Deren beste Kunden kamen überwiegend aus den Niederlanden und Belgien.

Mühlheim

Am Bach wird ein großes Rad gedreht

In der Stadt am Main plätschert Wasser in die Schaufeln eines Mühlrades. Das Mühlrad an der Rodau misst einen Durchmesser von 5,60 Meter. Alles ist im Fluss. Die Brückenmühle in Mühlheim wurde 1576 erstmals erwähnt. Die sogenannten Walzenstühle und die Steinmahlgänge sind komplett erhalten.

15 Millionen Tonnen Steine aus der Erde

An vielen Orten der Industriekultur ist im Wortsinn Gras gewachsen. Die Natur hat sich die Räume zurückerobert. So auch in den Dietesheimer Steinbrüchen. Dort wurden bis 1982 rund 15 Millionen Tonnen Gestein gefördert. Nach der Flutung des rund 23 Hektar großen Areals sind elf kleine Seen und ein Naherholungsgebiet im Regionalpark entstanden. Ein Spaziergang dort lohnt sich.

Neu-Isenburg

Die Luftschifffahrt machte in Zeppelinheim eine Punktlandung

Der Name des heutigen Neu-Isenburger Stadtteils Zeppelinheim hängt eng mit den ersten Bewohnern der Siedlung zusammen. Sie kamen 1936 aus Friedrichshafen vom Bodensee. Damals wurden Wohnungen für die Besatzungsmitglieder der Deutschen Zeppelin-Reederei gebraucht. So entstand eine Werkssiedlung. 1937 eröffnete starteten auf dem neuen Luftschiffhafen Rhein-Main die ersten Zeppeline zu Passagierfahrten nach Nord- und Südamerika. Der Transatlantikverkehr in Zeppelinheim geht los.

Aus dem einstigen Flughafen für Luftschiffe ist Deutschlands größter Airport entstanden. Mehr über die Geschichte der „Zigarren der Lüfte“ erfährt man im Zeppelinmuseum. Ein Verein sorgt gemeinsam mit der Stadt Neu-Isenburg dafür, dass die Historie nicht untergeht. Mitglieder der ehemaligen Zeppelin-Kameradschaft, die sich vor ein paar Jahren den Namen Verein für Zeppelin-Luftschifffahrt gegeben hat, engagieren sich in diesem Museum.

Die ADOX-Fotowerke standen ganz oben

Ende der 1920er Jahre siedelten die ADOX-Werke von Frankfurt nach Neu-Isenburg. Im Süden der Stadt fand das Unternehmen einen neuen Produktionsstandort für Film und Fotoapparate. Der Name ADOX war von der Gründerfamilie Schleussner als Kunstname kreiert worden, damit in der Produktliste ADOX-Erzeugnisse alphabetisch vor AGFA, dem deutschen Hauptkonkurrenten, standen. Der Vorläufer der ADOX Fotowerke, die Firma Dr.-Carl-Schleussner Fotochemie, kann als die erste fotochemische Fabrik der Welt bezeichnet werden. 1962 wurde ADOX von Dupont gekauft. Dem einen oder anderen Hobbyfotografen ist sicherlich die Firma Ilford ein Begriff, die ebenfalls ihren Deutschlandsitz in Neu-Isenburg hatte.Nach dem Verkauf der Firma ADOX konzentrierte sich die Inhaberfamilie Schleussner auf ihr zweites Unternehmen: die Firma Biotest in Dreieich.

Am Ende hatte die Firma Holzmann auf Sand gebaut

Die Firma Philipp Holzmann errichtete 1887 in Hainburg in der Offenbacher Straße ein Ziegelwerk. Dieser Standort war wichtig, da es im Ortsteil Hainstadt ein großes Lehmvorkommen gab. Später wurde der Firmensitz nach Neu-Isenburg, westlich des Bahnhofs, verlegt. Einen Steinwurf entfernt weiter südlich hatte Holzmann früher im Wald Kies gebaggert. So ist der heutige Gehspitzweiher entstanden. Dort durfte bis vor rund 40 Jahren noch gebadet werden und es gab sogar einen Kiosk. Heute ist das Areal ein Naturschutzgebiet mit vielen seltenen Pflanzen- und Vogelarten. 2002 musste das Unternehmen Holzmann Insolvenz anmelden.

Langen

Paul-Ehrlich-Institut

1990 wurde das Bundesamt für Sera und Impfstoffe, das heute dem Namen seines ersten Direktors trägt, in Langen eröffnet. Das Institut ist als Bundesoberbehörde zuständig für die Zulassung von Arzneimitteln und die Genehmigung klinischer Studien in Deutschland.
Paul Ehrlich erarbeitete unter anderem grundlegende Erkenntnisse und Methoden zur Erforschung von Blutkrankheiten und Chemotherapie. 1908 erhielt er den Nobelpreis für Medizin.

Obertshausen

Die Lederbranche hat einen guten Stich gemacht

Durch den Bau der Eisenbahn-Nebenstrecke Offenbach-Dieburg-Reinheim Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Menschen mobiler. Neue Schienenverbindungen ebneten den Weg der Arbeiter zu Fabriken, so dass im Kreis Offenbach die Lederwarenindustrie boomte. Vor allem im Osten des Kreises entstanden viele Lederverarbeitungsfirmen, in denen Taschen und Schuhe genäht wurden. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter, im Volksmund „Babbscher“ genannt, hatten ein gesichertes Einkommen. In Obertshausen und in den Nachbarorten wanderte die Arbeit in die privaten Wohnungen vieler Bürger – die Heimarbeit entstand. Oftmals musste die ganze Familie mitanpacken und die Produktion zu Hause vorantreiben. Durch den Anstieg der Heimarbeit entwickelten sich viele kleine private Betriebe. 1965 gab es in Hausen und Obertshausen sage und schreibe 130 selbständige Unternehmen.

In Obertshausen gab es viele Betriebe der Textilindustrie

Das Thema Textilindustrie zieht sich wie ein roter Faden durch die Stationen der Industriekultur. Mit Obertshausen war die Produktion besonders stark verwoben. Dort hat eine Traditionsfirma eine erfolgreiche Geschichte geschrieben. Das Unternehmen gilt als einer der weltweit führenden Hersteller von Kettenwirkmaschinen. Mayer startete 1937 in Obertshausen und hat heute Niederlassungen in den USA, in Brasilien und selbst im chinesischen Changzou. Der örtliche Heimat- und Geschichtsverein eröffnete 1992 im ehemaligen Wohnhaus des Fabrikanten das Karl-Mayer-Museum. Schwerpunkt der Präsentationen ist die Spitzentechnik. Die Deutsche Spitzengilde hat dort bereits verschiedene Kreationen der Weißstickerei präsentiert und den „Weg zur europäischen Nadelspitze“ erläutert.

Seligenstadt

Gebraut wird seit Jahrhunderten

Zur Industriekultur im Kreis Offenbach gehört die Seligenstädter Brauerei Glaabsbräu, die vor rund 250 Jahren gegründet wurde und heute in der neunten Generation als ältestes Unternehmen im Kreis fortgeführt wird. Bei der Brauerei hat die Tradition eine große Zukunft. Das Unternehmen hat in eine neue Brauerei investiert, in der Spezialbiere für einen schäumenden Absatz sorgen sollen.