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02.11.2011

Haushalt 2012 mit geringerem Defizit und ohne Nettoneuverschuldung

Im Haushaltsplan des Kreises Offenbach für das Jahr 2012 spiegelt sich die gute Konjunktur der vergangenen Monate wider. „Im Vergleich zu 2011 ist das Defizit um 4,6 Millionen Euro auf 90,7 Millionen gesunken“, präsentieren der Kämmerer, Kreisbeigeordneter Carsten Müller und Landrat Oliver Quilling die positiven Veränderungen. „Die eigentlich gute Nachricht lautet aber, dass der Gesamtfinanzierungsbedarf um 16,7 Millionen Euro sinkt und damit keine Nettoneuverschuldung erforderlich ist. Dieses Ergebnis entspricht zwar den Prognosen aus der mittelfristigen Finanzplanung, es kann aber bedauerlicherweise nicht darüber hinwegtäuschen, dass die kommunalen Gebietskörperschaften nach wie vor strukturell unterfinanziert sind.“
 
Das wird mit Blick auf die Zahlen mehr als deutlich. Trotz aller Sparbemühungen steigen die Aufwendungen um 23,6 Millionen Euro auf insgesamt 536,1 Millionen Euro (4,6 Prozent). Demgegenüber steht eine Steigerung der Erträge um 6,8 Prozent auf 445,4 Millionen Euro. In die Mehreinnahmen von 28,2 Millionen Euro ist bereits die Kreisumlagenerhöhung von 0,5 Prozentpunkten (1,75 Millionen Euro) eingerechnet, die der Regierungspräsident gefordert hat. Mit diesen Summen und mit Blick auf die Tatsache, dass das Limit der Kassenkredite auf 582 Millionen Euro festgesetzt werden muss, stellt der Kreis erneut einen Rekord auf. Allerdings beträgt die Kassenkreditverschuldung der hessischen Kreise insgesamt annähernd 3,2 Milliarden Euro. Das zeigt unmissverständlich, dass es keine wirkliche Entspannung der Haushaltslage gibt.

„Wenn der Landesrechnungshof die Devise ausgibt, dass gelungene Haushaltskonsolidierung entschiedenes Handeln erfordert“, so Carsten Müller, „können wir ihm nur beipflichten, allerdings haben wir kaum Spielraum zum Handeln. Also bleibt die dringende Forderung – hier gibt es mittlerweile einen Arbeitskreis, der erste Überlegungen angestellt hat - den kommunalen Finanzausgleich neu zu ordnen und den Kommunen eigene Einkommensquellen zur Verfügung zu stellen.“

Der Ergebnishaushalt

    • Aus dem kommunalen Finanzausgleich erhält der Kreis – nicht zuletzt aufgrund der guten Konjunktur - 17,7 Millionen Euro mehr.
    • Die Schlüsselzuweisungen steigen um 9,2 Millionen Euro auf 36,9 Millionen Euro. Diese Erhöhung deckt gerade einmal die Einnahmen, die der Kreis in der Vergangenheit aus der Grunderwerbssteuer zu erwarten hatte und die seit 2011 nicht mehr in die Kreiskasse fließt.
    • Die Kreis- und Schulumlage erhöht sich um 7,9 Millionen Euro auf 202,9 Millionen Euro.
    • Die Krankenhausumlage beträgt 5,2 Millionen Euro, sie sinkt um 173.000 Euro und die LWV-Umlage fällt ebenfalls mit 54,6 Millionen Euro um 367.000 Euro geringer aus.

Erwartet werden darüber hinaus etwa 500.000 Euro an zusätzlichen Baugenehmigungsgebühren aufgrund der guten Konjunktur.

Die Aufwendungen

    • Das Personalkostenbudget kann in diesem Jahr erstmals um knapp ein Prozent auf 46,1 Millionen Euro gesenkt werden, eine mögliche Tarifsteigerung ist schon eingerechnet. Hauptursache dafür sind eine Viertelmillion Euro, die für das Personal aufzuwenden war, das den vom Bund verordneten Zensus durchgeführt hat. Außerdem gibt es eine geringfügige Reduzierung bei den Pensions-Rückstellungen und eine geringere Personenzahl in der Altersteilzeit. - Die Aufwendungen für die Sach- und Dienstleistungen werden im kommenden Jahr mit 105,6 Millionen Euro veranschlagt und liegen damit um 10,4 Millionen Euro über dem Ansatz des Vorjahres. In dieser Summe sind etwa 7,3 Millionen Euro enthalten, die aus dem Investitions- in den Ergebnishaushalt übernommen werden mussten.
    • Außerdem sind in dem Betrag die Aufwendungen für das PPP-Projekt erfasst, die sich um 3,5 Millionen Euro auf insgesamt 58,6 Millionen Euro erhöhen. Diese Steigerung ist drei Faktoren geschuldet: Aufgrund des Ausbaus der Ganztagesbetreuung an fast allen Schulen, sind Mehrleistungen zu honorieren. Aus dem Konjunkturprogramm resultiert ein Flächenzuwachs beispielsweise bei den Turnhallen, der zusätzliche Bewirtschaftungskosten verursacht und es ist der Indexentwicklung Rechnung zu tragen. Dafür hat der Kreis jedoch einen Standard bei den Bildungseinrichtungen, der wirklich zukunftsorientiert ist.
    • Niedriger angesetzt werden können die Aufwendungen für Zinsleistungen. Hier beläuft sich der Ansatz auf 38,1 Millionen Euro, das sind 1,17 Millionen weniger als 2011. - Erneut im Fokus steht der Zuschussbedarf für die Transferleistungen. Dieser liegt um insgesamt 7,9 Millionen Euro über den Beträgen des Vorjahres. Das entspricht einer Steigerung von 7,4 Prozent. Insgesamt werden hier 236,9 Millionen Euro budgetiert. Das macht inklusive der Aufwendungen für den Landeswohlfahrtsverband und der Kreiskrankenhausumlage mit annähernd 296 Millionen Euro mehr als die Hälfte des gesamten Budgets aus.

2012 werden im investiven Bereich 29 Millionen Euro weniger veranschlagt. Die verbleibenden 5,8 Millionen Euro sind Verpflichtungen, die aus noch laufenden Projekten resultieren. Die investiven Einzahlungen belaufen sich auf insgesamt 8,6 Millionen Euro (2011: 8,5 Millionen Euro). Davon entfallen 2,9 Millionen Euro auf den Verkauf der alten Georg-Büchner-Schule, Dreieich. 2012 braucht der Kreis keine investiven Kredite mehr, so dass der Finanzierungsbedarf insgesamt um 16,7 Millionen Euro sinkt. Damit verringert sich die Summe der investiven Verschuldung um 17,3 Millionen Euro auf 415,7 Millionen Euro. Das gilt auch für die Pro-Kopf-Verschuldung. Sie lag im Vorjahr bei 1.281 Euro und beträgt 2012 nur 1.230 Euro. Damit steht allerdings auch fest, dass der Kreis im kommenden Jahr keine Investitionsmaßnahmen auflegen darf. Damit konnte eine Forderung des Regierungspräsidiums in vollem Umfang erfüllt werden.

„Es hat schon eine gewisse Dramatik“, so der Landrat, „dass alle Konsolidierungsbemühungen nicht dazu führen, dass sich die finanzielle Lage unseres Kreises entspannt und wir Gestaltungsraum zurückgewinnen.Dabei haben wir mehr als unsere Hausaufgaben gemacht und beispielsweise mit der Übertragung des Dreieich-Museums an einen privaten Verein eine Entlastung von 74.000 Euro geschaffen. Über eine neue AG Berichtswesen, in der die Fachdienste Controlling und Gebäudewirtschaft zusammenarbeiten, wird das interne Controlling für die Zusammenarbeit mit den PPP-Gesellschaften fortentwickelt, so dass der Vertrag mit externen Dienstleistern gekündigt werden konnte. Eine echte Chance sehe ich derzeit in der Optimierung der interkommunalen Zusammenarbeit, für die wir auf Kreisebene einen eigenen Arbeitskreis mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern initiiert haben. Ein herausragendes Projekt ist die aktuell geplante vergleichende Prüfung unserer 13 kreisangehörigen Städte und Kommunen gemeinsam mit dem Kreis, um herauszufinden wo und wie Leistungen am effizientesten erbracht werden können.“

„Ein wesentlicher Faktor für die hohen Aufwendungen“, erklärt Sozialdezernent Carsten Müller, „und dies ist für mich als Kämmerer immer wieder besonders bitter, sind die scheinbar unaufhaltsamen Steigerungen im Sozialbereich. Der Deckungsgrad des Transferaufwandes ist erneut gesunken. Er beträgt derzeit nur noch 51,6 Prozent, das heißt konkret: Wir bekommen mit 122,3 Millionen Euro zwar 4,5 Prozent mehr Geld, der finanzielle Aufwand steigt aber um 5,9 Prozent auf 236,9 Millionen Euro (223,7 Millionen Euro im Jahr 2011).“

„Zwei Bereiche sind dafür die Hauptverursacher“, so der Kämmerer weiter. „Zum einen brauchen wir erheblich mehr Geld für die erzieherischen Hilfen nach dem KJHG (Kinder- und Jugendhilferecht) und zum anderen steigt der Leistungsbedarf nach dem SGB XII. Allein bei der Grundsicherung wird derzeit geschätzt, dass es per anno bundesweit mit einem Mehrbedarf von fünf Prozent zu rechnen ist, weil zunehmend alte Menschen keine auskömmliche Rente mehr erhalten. Dies können wir für unseren Kreis nur bestätigen. Auch bei uns liegt die Steigerungsrate zwischen vier und fünf Prozent, wie auf Bundesebene. Selbst wenn jetzt in Teilen die Grundsicherung vom Bund übernommen wird, wird erst 2014 ein hundertprozentiger Deckungsgrad erreicht sein und das auch nur, wenn hierzu in absehbarer Zeit ein verbindliches Gesetz geschaffen wird. Schon im letzten Jahr habe ich darauf hingewiesen, dass die Änderung im Sozialgesetz, keine Rentenbeiträge mehr für Hartz IV Empfänger zu zahlen, einen nicht unerheblichen Kostensteigerungsfaktor bedeutet. Es macht auch wenig Sinn, bei den Sozialleistungen Haushaltssperren zu verhängen, denn darauf haben die Menschen einen gesetzlichen Anspruch. Die folgenden Zahlen verdeutlichen die Dimension: Insgesamt haben wir im Mai 29,2 Millionen Euro gesperrt, von denen bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits 14,9 Millionen Euro freigegeben werden mussten.“

„Fakt ist“, so Landrat und Kämmerer einvernehmlich, „dass die Grenzen unseres Handelns mehr als eng gesteckt sind. 80 Prozent unserer Leistungen sind Pflicht, nur 0,32 Prozent unseres Haushaltsvolumens fließt in rein freiwillige Leistungen und davon wiederum sind nur etwa 330.000 Euro, also ein Fünftel, wirklich vertrags- und satzungsfrei. Dabei wurden in den vergangenen fünf Jahren etwa 60 Millionen Euro konsolidiert. Im laufenden Jahr haben wir außerdem zahlreiche Beteiligungen und Mitgliedschaften gekündigt. In den Budgetgesprächen, ebenfalls ein wichtiges Instrument der Haushaltskonsolidierung, konnten die geplanten Ausgaben um etwa eine Mio. Euro reduziert werden. Wir sind außerdem bereit, auf neue Projekte bei der Prävention, wie beispielsweise die Aktion „Helfende Hände“ oder die Bereitstellung zusätzlicher Mittel im Bereich der niedrigschwelligen Projekte für Demenzkranke zu verzichten. Im eigenen Haus loten wir derzeit die Möglichkeiten aus, den Raumbedarf ohne aufwendige zusätzliche Anmietungen zu regeln.“

„Unsere Pflicht ist es weiter zu sparen, so entspricht es auch zunehmend dem Willen der Bevölkerung“, so Oliver Quilling und Carsten Müller abschließend. „Es bleibt darüber hinaus zu hoffen, dass die Kommission, die sich jetzt zusammengefunden hat, tatsächlich eine Neustrukturierung des kommunalen Finanzausgleichs auf den Weg bringt. Denn bei allem Sparwillen muss uns bewusst sein, dass wir irgendwann mit zunehmenden Leistungskürzungen bestehende bürgerschaftliche Strukturen beeinträchtigen und Versäumnisse in der Prävention erkennbar langfristig zu neuen Lasten werden.“