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17.04.2008

Mehr Geld für Gewaltprävention an Schulen

Kreis stockt Etat 2008 auf 80.000 Euro auf

Seit einigen Jahren diskutiert die Gesellschaft immer wieder über eine zunehmende Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen und das Thema „Gewalt an Schulen“. Behauptet wird, dass Jugendliche heutzutage weniger gut in der Lage seien, Konflikte konstruktiv zu lösen und schneller zur Gewalt greifen, um eigene Interessen gegenüber anderen durchzusetzen. Auch die Hemmschwelle zuzuschlagen scheint immer weiter zu sinken.

„1999 - also lange vor der jüngsten Diskussion über Gewalt an Schulen - haben wir diese Problematik erkannt und gemeinsam mit der Aktionsgemeinschaft bewegungsorientierte Sozialarbeit (AGBS) ein Programm zur Gewaltprävention an Schulen erarbeitet“, betont Sozialdezernent Carsten Müller. „Der Kreis Offenbach wird die dafür bereitgestellten Mittel für das Jahr 2008 nun um 12.000 Euro auf insgesamt 80.000 Euro aufstocken. Die Auswirkungen der durch eine Haushalts-sperre verursachten Mittelkürzungen vorangegangener Jahre können damit kompensiert werden.“

Nach einer Pilotphase im Schuljahr 1999/2000 wurden im Rahmen des Programms zur Gewaltprävention an insgesamt neun weiterführenden Schulen im Kreis Offenbach 40 Lehrkräfte in dem sozialen Lernprogramm der AGBS geschult. Die Maßnahme konnte in rund 40 Schulklassen mit insgesamt 800 Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge sieben bis acht über ein Schuljahr lang wöchentlich im Regelunterricht durchgeführt werden.

Das Angebot soll das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler stärken, es will aufzeigen wie Konflikte entstehen und wie sie ohne Gewalt gelöst werden können. Dabei geht es vor allem um die Akzeptanz einer positiven Streitkultur. Müller: „Ganz konkret vereinbaren Lehrkräfte und Schüler einige einfache Regeln zum Umgang mit Gewalt. Die klare Botschaft ist, dass die Gruppe weder Mobbing noch direkte Gewalt akzeptiert. Daneben wird die Thematik Gewalt durch Texte, Diskussionen oder Rollenspiele direkt in den Unterricht integriert.“

Die Schülerinnen und Schüler lernen mit unterschiedlichen Interessen umzugehen aber auch wie sie in solchen Situationen miteinander friedlich kommunizieren statt sofort zuzuschlagen. „Denn oftmals ist Gewalt reine Hilflosigkeit. Der einzelne ist mit der Situation und der direkten Konfrontation schlicht überfordert“, weiß Müller. Aber auch die passive Beteiligung an Gewalt wird problematisiert. „Einmischen statt Wegschauen“ lautet das Motto. „Hier geht es uns besonders um die deutliche Parteinahme der Klasse als Gemeinschaft für das Opfer und um die Ermunterung, sich zu melden und sofort und offensiv um Hilfe zu bitten, wenn man von Mitschülerinnen und Mitschülern bedroht oder unter Druck gesetzt wird“, macht der Sozialdezernent deutlich. „Das Opfer muss raus aus der Anonymität. Wir wollen so das Klassenklima verbessern, die Gruppe stärken und der Gewalt schlicht den Nährboden entziehen!“

„Ziel ist es“, verdeutlicht Beate Holstein, Leiterin des Allgemeinen Sozialen Dienstes, „die Klassengemeinschaft und letztlich das Lernklima zu verbessern. Wir nehmen Schülerinnen und Schüler in Verantwortung, machen sie zu Handelnden und wollen so schwierige Charaktere integrieren, statt sie vom Unterricht zu suspendieren oder der Schule zu verweisen.“

Ein weiterer wichtiger Part des Programms richtet sich direkt an die Lehrerschaft. So erhalten Lehrerinnen und Lehrer in schwierigen Schulzweigen oder in problematischen Klassen pädagogische Hilfe und Unterstützung. Sie werden geschult im Team zu arbeiten und zu handeln (Teamteaching) und erweitern so ihr pädagogisches Repertoire.

Für Carsten Müller ist klar: „Durch das Programm hat das Aggressions- und Gewaltverhalten im Kreis abgenommen. Schülerinnen und Schüler konnten ihre sozialen Handlungskompetenzen ausbauen, lernen mit Konflikt- und Streitsituationen umzugehen. Das Lernklima an den teilnehmenden Schulen hat sich nach Auskunft aller Beteiligten verbessert. Das bedeutet gleichzeitig mehr Effizienz im Fachunterricht.“

Durch die zusätzlichen Mittel kann der AGBS das Angebot in Zukunft weiter ausbauen. „Wir denken derzeit über kürzere Zeitintervalle unter Einbezug der Gymnasialzweige, Angebote für Schubklassen wie etwa Teamprozesse im eigenen Hochseilgarten, weitere Projekte für Schulen zum Themenschwerpunkt „Verhalten in Konfliktsituationen – Opferhilfe“ sowie Fachtagungen und Fortbildungsangebote für die Lehrerinnen und Lehrer nach“, so Herbert Nuschenpickel vom AGBS abschließend.