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04.09.2012

Nachtragshaushalt korrigiert Planzahlen nach unten

Der Kreis Offenbach muss für das Jahr 2012 einen Nachtragshaushalt vorlegen. Dies hat das Regierungspräsidium Darmstadt in seiner Genehmigungsverfügung vom 10. Mai 2012 gefordert. „Der Nachtrag wurde erforderlich", erklären Kämmerer Carsten Müller, Landrat Oliver Quilling und Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger, „weil der Regierungspräsident uns auferlegt hat, das ursprünglich geplante Defizit von 89,8 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro zu senken. Dazu trägt die zusätzliche Einnahme aus der Kreisumlagenerhöhung mit 1,8 Millionen Euro bei. Sie musste um 0,5 Prozent Punkte auf die maximal möglichen 58 Prozent angehoben werden. Darüber hinaus war es notwendig, die PPP-Ratenzahlungen anders zu verbuchen."

Insgesamt verändern sich die Zahlen im Nachtrag zum Positiven. Der Fehlbedarf vermindert sich um 6,8 Millionen Euro, das heißt unter dem Strich fehlen 2012 „nur" noch 81,2 Millionen Euro. Die Aufwendungen verringern sich insgesamt auf 524,7 Millionen Euro. Die Erträge reduzieren sich auf 443,4 Millionen Euro. Drei Gründe gibt es für den signifikanten Rückgang der Aufwendungen um 16,1 Millionen Euro. Erstens kommt dem Kreis das weiterhin niedrige Zinsniveau zu Gute, so dass der Budgetansatz im laufenden Haushaltsjahr um 4,4 Millionen Euro gekürzt werden kann. Zweitens fällt nach aktueller Einschätzung der Finanzmittelbedarf im Jugendbereich um 1,5 Millionen Euro niedriger aus. „Hier wird deutlich", so der Sozialdezernent, „dass sicher nicht zuletzt auf Grund erfolgreicher Präventionsarbeit die Fallzahlen gesunken sind." Drittens kann der Ansatz für die Kosten der Unterkunft um etwa 0,5 Millionen Euro gekürzt werden.

Außerdem teilt das Regierungspräsidium unsere Auffassung nicht", so der Kämmerer weiter, „dass es sich bei der Auszahlung der PPP-Raten um eine Finanzierungstätigkeit handelt. Die anfallenden Kosten sind der Investitionstätigkeit zuzuordnen. Hier haben wir uns der Aufsichtsbehörde beugen müssen. Dies trägt allerdings auch dazu bei, dass das Kassenkreditvolumen um 22 Millionen Euro verringert werden kann."

„Aber nicht überall läuft die Entwicklung zu unseren Gunsten", ergänzt Carsten Müller, „so beschert uns die höchstrichterliche Entscheidung im Asylbewerberleistungsbereich allein in diesem Jahr Mehraufwendungen von 220.000 Euro und eine Entlastungsregelung ist derzeit nicht in Sicht."

„Positiv bemerkbar macht sich allerdings", so Carsten Müller, Oliver Quilling und Claudia Jäger, „dass die Haushaltskonsolidierung und die damit verbundenen Sparauflagen bei uns in allen Fachdiensten konsequent umgesetzt werden. Natürlich bedeutet eine Sperre von 25 Prozent in manchen Bereichen eine erhebliche Einschränkung, aber der Regierungspräsident lässt nicht mit sich handeln. Wir stehen also vor der Aufgabe insgesamt 8 Millionen Euro einzusparen, Fakt ist allerdings, dass diese Summe nur von einem kleinen Teil der Budgets erbracht werden kann, denn viele Leistungen sind gesetzlich verankert. Mit der 25-prozentigen Haushaltssperre können wir maximal 5,5 Millionen Euro erwirtschaften, das heißt etwa ein Prozent des gesamten Haushaltsvolumens."

Wie knapp die Decke tatsächlich bemessen ist, die jetzt nochmals gekürzt werden soll, wird daran deutlich, dass in diesem Jahr erstmals auch die Schulbudgets betroffen waren. „Es ist uns nicht leichtgefallen", so die Verwaltungsspitze übereinstimmend, „auch hier den Rotstift anzusetzen, zumal Bildung eines unserer Primärziele ist. Aber wir sind auch froh, dass die Mehrheit der Schulleitungen mittlerweile auch öffentlich Verständnis signalisiert hat. Das zeigt, dass die Notwendigkeit zum Sparen mittlerweile fast überall angekommen ist."

Nicht ganz so einfach ist es allerdings bei den Schulbudgets mit Blick auf den investiven Haushalt. Hier gibt es eine klare Ansage aus Darmstadt, dass die Investitionsmittel in Höhe der PPP-Raten zu begrenzen sind. Das wurde schon im Vorfeld bei einigen Kommunen schmerzhaft spürbar, weil der Kreis im Moment keine Möglichkeiten hat, in weitere Ganztagesangebote zu investieren. Natürlich gibt es hier auch noch Sparpotential. Gerade mit Blick auf die PPP-Sanierung ist hier besonders bei dem Etat für Ausstattung nochmals der Rotstift angesetzt und um 400.000 Euro reduziert worden. Allerdings hat sich bei den Schulbudgets in der Praxis gezeigt, dass es nicht sinnhaft sein kann, jedes elektrische Gerät, wie beispielsweise der Ankauf einer Spülmaschine, im Einzelverfahren zu genehmigen. „Hier sind wir mit dem Regierungspräsidium noch im Austausch", so Carsten Müller und Oliver Quilling, „denn der jetzige Status Quo bedeutet Stillstand und damit ganz klar auch Rückschritt."

Weitere positive Veränderungen im Investitionshaushalt resultieren daraus, dass die KVBG Kredite in Höhe von zehn Millionen Euro zurückgezahlt hat und Investitionsmaßnahmen, wie beispielsweise für das Wohnhaus in Langen, belastend in einer Größenordnung von drei Millionen Euro geschoben wurden und nun nur noch 150.000 Euro Planungskosten veranschlagt sind. Belastend wirkt, dass erwartete Verkaufserlöse in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro für den angestrebten Verkauf der Georg-Büchner-Schule in diesem Jahr nicht mehr realisiert werden können.

„Ungeachtet der positiven Entwicklung, die sich über den Nachtragshaushalt darstellt", bilanzieren die drei Dezernenten, „ist es nicht hinnehmbar, dass die Lücke zwischen Aufwendungen und Erträgen nach wie vor über 80 Millionen Euro beträgt. Denn in der Bilanz der letzten zehn Jahre heißt das, wir werden in absehbarer Zeit die Schuldenmilliarde knacken. Und wir sind damit nicht alleine. Alle anderen Kreise stehen vor Finanzierungsproblemen in ähnlicher Dimension und die meisten haben dazu noch einen nicht unerheblichen Investitionsstau. Besonders mit Blick auf die Tatsache, dass das Steueraufkommen in unserem Land auch in diesem Jahr Rekordhöhen erreicht hat, wird deutlich, dass die Defizite in den kommunalen Kassen struktureller Natur sind. In diesem Zusammenhang können nur Beispiele aufgeführt werden, wie die voraussichtliche Erhöhung der Landeswohlfahrtsumlage von 54 auf insgesamt 60 Millionen Euro im nächsten Jahr, ein Plus von mehr als zehn Prozent, oder die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Finanzleistungen für Asylbewerber, die uns im kommenden Jahr mit mindestens einer halben Millionen Euro mehr belasten werden, wenn kein finanzieller Ausgleich erfolgt. Wir können nur gebetsmühlenartig wiederholen, dass Kreise und Kommunen nur dann ihre Schulden wirksam reduzieren können, wenn sie tatsächlich von Lasten befreit werden. Der Blick auf die Summe für freiwillige Leistungen die in den vergangenen Jahren von 0,67 Prozent Anteil am Gesamthaushalt auf jetzt 0,28 Prozent gesunken ist – und das bei gestiegenem Haushaltsvolumen – zeigt, dass unser Handlungsspielraum gegen null geht. Und unter Status Quo wird auch der kommunale Schutzschirm nur kurzfristig greifen, aber spätestens nach 2020 unerwünschte Wirkungen entfalten. Alle Bekenntnisse zu einer Schuldenbremse werden somit nicht das Papier wert sein, auf dem sie stehen. Dies gilt auch mit Blick auf den Haushalt 2013, bei dem sich trotz verbesserter Einnahmesituationen erneut eine Lücke im zweistelligen Millionenbereich ergibt."

„Vor diesem Hintergrund bleibt den Kommunen nichts anderes übrig", so der Kämmerer abschließend, „als auf die Einsicht bei Bund und Land zu hoffen, dass eine Strukturreform des Finanzausgleichs überfällig ist. Es macht keinen Sinn - und da sind wir uns im Kreis der Dezernenten einig - sich kaputtzusparen. Und schauen wir auf die Abplanung von 1,5 Millionen Euro im Jugendbereich, das wäre nicht gelungen, hätte es die konsequente Prävention nicht gegeben."