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Neue Organisationsstruktur hat Sozialraumorientierung im Blick

Die Neustrukturierung der Kreisverwaltung Offenbach ist jetzt konzeptionell auch im Jugend- und Sozialbereich abgeschlossen. „Die umfangreiche Aufgabenstellung der Ämter,“ erläutert die Erste Kreisbeigeordnete Eva-Maria Tempelhahn, „sowie die veränderten Anforderungen in den betroffenen Bereichen haben eine systematische Ist-Analyse erforderlich gemacht, die ohne privaten Partner nicht zu leisten war. Gemeinsam mit der Unternehmensberatung IMAKA aus Baden Württemberg, die viele Referenzkunden in der öffentlichen Verwaltung, auch im südhessischen Bereich vorweisen kann, wurde ein Gutachten erstellt und ein Konzept erarbeitet, das jetzt in die Praxis umgesetzt wird.“

Eines der wichtigsten Ziele für die künftige Organisationsstruktur war, die Lage von Bedürftigen so schnell wie möglich so zu verbessern, dass sie auf öffentliche Hilfeleistungen nicht mehr angewiesen sind. Umfassendes Fallmanagement, enge Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt, intensive Einbindung präventiver Maßnahmen, keine strikte Trennung zwischen BSHG- und KJHG-Themen, die Steuerung über Sozialraumbudgets, dies sind Ansätze, um den Aufgaben einer modernen Sozialverwaltung gerecht zu werden. In der Praxis bedeutet dies, dass flächendeckend regionalorientierte Einheiten, wie derzeit das Regionalteam in Seligenstadt, eingerichtet werden.

Die IMAKA empfiehlt, und das wurde bereits beim Umzug berücksichtigt, Jugendamt, Sozialamt sowie den Fachdienst Arbeit und Berufsausbildung zum Fachdienst Jugend und Soziales zusammenzuführen. Die Aufgaben werden künftig von insgesamt sechs Regionalteams übernommen, die Stabfunktionen Controlling und Planung unterstützen das Leitungsteam, eine zentrale Serviceabteilung bündelt Querschnittsfunktionen wie beispielsweise Finanzen und Haushalt, EDV oder Vertragsmanagement mit Trägern. Nach wie vor zentral bleiben die Bereiche sonstige soziale Hilfen und sonstige Jugendhilfen. Diese bieten Leistungen, die sich wegen ihres geringen Umfangs oder einer anderen Besonderheit nicht zur Verteilung auf die Regionalteams eignen.

Der Kreis selbst wird in sechs Sozialregionen eingeteilt, die von jeweils einem Regionalteam betreut werden. Zusammengefasst sind Mühlheim und Obertshausen, Heusenstamm und Dietzenbach, Rodgau und Rödermark, Langen und Egelsbach, Neu-Isenburg und Dreieich, sowie Seligenstadt, Hainburg und Mainhausen. „In diesem Bereich,“ erläutert Eva-Maria Tempelhahn, „haben wir jetzt seit annähernd zwei Jahren erste Erfahrungen gesammelt, die bei dem Umorganisationsprozess eingeflossen sind. In der Praxis bedeutet dies für das Fallmanagement beispielsweise: Eine junge Aussiedlerin ist mittellos und stellt einen Antrag auf Sozialhilfe. Die wirtschaftliche Hilfe wird bewilligt. Gleichzeitig erhält sie eine Beraterin. Gemeinsam schaffen sie es, dass die Hilfebedürftigkeit nach sechs Wochen beendet werden konnte, weil ein Arbeitsplatz gefunden wurde. Sie haben darüber hinaus erreicht, dass die Schwester der jungen Aussiedlerin ebenfalls kurzfristig ein Arbeitsangebot erhalten und angenommen hat. Es kommt außerdem immer wieder vor, dass Personen Sozialhilfe beantragen müssen, weil Geldzahlungen anderer Behörden wie zum Beispiel dem Arbeitsamt noch ausstehen. In solchen Fällen forscht die Beraterin genau nach, informiert sich beim Arbeitsamt über den Bearbeitungsstand beziehungsweise macht eine gewisse Dringlichkeit deutlich. In der Regel verlassen die Betroffenen die Beratung mit genaueren Informationen und brauchen keinen Sozialhilfeantrag zu stellen. Diese Vorgehensweise soll weiter verfeinert und vertieft werden.“

Auch andere Ansätze sind möglich. Stellt beispielsweise eine Grundschullehrerin Auffälligkeiten bei einem Schüler fest, wendet sie sich an den Sozialarbeiter der Jugendhilfe. Bei der Kontaktaufnahme mit der Mutter findet er äußerst beengte Wohnverhältnisse - eine 1-Zimmerwohnung - bei der Alleinerziehenden vor. Mit Hilfe der Beraterin aus dem Sozialhilfebereich kann rasch eine bessere Wohnung gefunden und finanziell abgesichert werden. Damit ist eine wichtige Voraussetzung zur positiven Entwicklung des Kindes und zur Verhinderung von extrem teuren Jugendhilfemaßnahmen geschaffen. Im Regionalteam werden alle neu eingehende Hilfeersuchen in einem Multiteam vorgestellt. Jugendhilfe- und Sozialhilfespezialisten begutachten gemeinsam den Fall, können Ermessensspielräume dadurch noch besser nutzen und die Betroffenen oftmals rascher als vorher aus dem Dilemma herausführen.

„Unsere weiteren Ziele sind es,“ erklärt die Erste Kreisbeigeordnete, „Erfahrungen über den Sozialraum zu sammeln, um im Rahmen der Prävention bereits so früh tätig werden zu können, dass eine Bedürftigkeit erst gar nicht eintritt.“ Dabei geht es nicht nur um Probleme und Schwierigkeiten, sondern auch um die Nutzung vorhandener Ressourcen wie Engagement von Menschen, Netzwerken oder einfachen aber sehr nützliche und pragmatische Ideen für schwierige Lebenslagen. So kann gegebenenfalls die stationäre Einweisung einer älteren Frau durch einen frühzeitig vermittelten Einkaufsdienst verhindert werden, Präventionsarbeit, die sowohl für den Einzelnen als auch für den Staat Vorteile bringt.

„In einem zweijährigen Versuch werden wir,“ so Eva-Maria Tempelhahn abschließend, „möglicherweise ein oder zwei Sozialermittlerinnen einsetzen, um auf Basis von Aktenrecherche und später folgenden Vor-Ort-Recherchen Eckdaten zu erheben, die dann ebenfalls in vorbeugende Maßnahmen einfließen können. Dabei wollen wir auch die künftige Entwicklung wie beispielsweise die Einführung von Sozialbudgets, die Grundsicherung oder auch die wesentlich intensivere Zusammenarbeit mit den Arbeitsämtern nicht außer Acht lassen. Ich gehe davon aus, dass die Neuorganisation erheblich dazu beiträgt, Bedürftigkeit zu verhindern und dort wo das nicht gelingt, mit einem qualifizierten Maßnahmenpaket die Abhängigkeit von öffentlichen Hilfen so schnell wie möglich wieder aufzuheben. Wir gehen davon aus, dass sich die Betroffenen künftig rund herum optimal betreut fühlen und wesentlich schneller Wege aus der Hilfe finden als zuvor. Die Zusammenführung der Regionalteams wird bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.“