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08.06.2004

Größtes PPP-Projekt in Deutschland unter Dach und Fach

Komplett sanierte Schulen in fünf Jahren 19 Prozent Kostenvorteil gegenüber Eigenerledigung

Im Kreis Offenbach sind die Weichen für die Sanierung, die Instandhaltung und die Bewirtschaftung der Schulen zukunftsorientiert gestellt worden. „Der Weg ist frei für das in seiner Dimension bundesweit einmalige Pilotprojekt PPP-Schulen“, berichtet Peter Walter, Landrat des Kreises Offenbach, „nachdem sich der Kreistag mit großer Mehrheit für den Vertrag mit einem privaten Partner entschieden hat. In nur fünf Jahren werden die Schulen im Los West - das sind 41 von insgesamt 88 - komplett renoviert. Der Facility-Management-Vertrag läuft über 15 Jahre. Der Kostenvorteil beträgt 19,1 Prozent.“

Mit dem bundesweit einmaligen Pilotprojekt PPP-Schulen setzt der Kreis Offenbach seinen erfolgreich eingeschlagenen Weg der Verwaltungsmodernisierung fort: Im Mai 2000 hat der Kreis seine Aktien der Energieversorgung Offenbach (EVO) verkauft und sich damit aus der eigenen Energieversorgung zurückgezogen. Im Rahmen der abgeschlossenen Verträge wurden sowohl die Interessen der Bürgerinnen und Bürger als Kunden als auch die Interessen der Beschäftigten gewahrt. Weiterhin ist der Kreis im März 2002 mit den Asklepios Kliniken eine strategische Partnerschaft zum Erhalt und zum Ausbau der beiden Standorte der Krankenhäuser in Langen und Seligenstadt eingegangen. Damit wurde die medizinische Versorgung der Bevölkerung für die nächsten Jahrzehnte gesichert. Dazu ging das finanzielle Risiko des Klinikbetriebs vom Kreis Offenbach auf den privaten Betreiber über. Ein weiteres Beispiel dieses erfolgreichen Weges ist der Bezug des neuen Kreishauses in Dietzenbach im Juni 2002. Der neue Verwaltungssitz – zentral in der Mitte des Kreises gelegen – ist das Ergebnis des erfolgreichen Zusammenwirkens öffentlicher und privater Hand. Das Projekt PPP-Schulen ergänzt diese Reihe um einen weiteren Baustein. „Private Dritte können operative Aufgaben aufgrund ihres Know-hows und ihrer fachlichen Spezialisierung oftmals wesentlich effizienter und kostengünstiger erledigen als die öffentliche Verwaltung“, führt der Landrat aus. Wir konzentrieren uns auf unsere Kernaufgaben und übernehmen bei den privat bewirtschafteten Geschäftsfeldern nur noch die politische Steuerung und Koordination. So verstehen wir Verwaltungsmodernisierung.“

Partner des Kreises ist die SKE GMBH, eine Tochter der französischen Vinci-Gruppe, die bereits umfangreiche Erfahrungen auf diesem Sektor gesammelt hat. „Durch die verschiedensten Anforderungsprofile der letzten 25 Jahre hat die SKE Organisationsstrukturen entwickelt, die auf Großprojekte mit langen Vertragslaufzeiten exakt zugeschnitten sind“, so Geschäftsführer Rainer Beisel, der in diesem Zusammenhang auf die bereits seit 1995 bestehenden Projektkooperationen bei der Bewirtschaftung von Schulen der amerikanischen Streitkräfte in Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern verwies. „Unser Know-how bei der Immobilienbewirtschaftung und der Sanierung, in Kombination mit dem Wissen um behördliche Auflagen und Richtlinien, ergänzen sich beim „Schulprojekt Kreis Offenbach“ in idealer Weise. Wir freuen uns auf die Aufgabe und werden ein funktionierendes und ansprechendes, neues Umfeld sowohl für Schüler und Lehrer als auch für die Eltern gestalten.“

Die umfassende Prüfung und Bewertung der Angebote für das Los West durch die BBD Berliner Beratungsdienste hat zu einem eindeutigen Resultat geführt. Die Firma SKE kann das umfangreiche Auftragsvolumen zu erheblich günstigeren Konditionen erfüllen, als der Kreis selbst: Bei Eigenerledigung entstehen Kosten von 458,76 Millionen Euro, die Firma SKE kalkuliert dagegen eine Summe von 370,3 Millionen Euro.

„Für das gesamte technische Gebäudemanagement, also die Sanierung, die Modernisierung und die Instandhaltung der Schulen sowie den laufenden Betrieb der technischen Anlagen, müsste der Kreis bei Eigenerledigung 292,45 Millionen Euro ausgeben, SKE kalkuliert dafür 221,13 Millionen Euro. Allein die anstehenden Sanierungsarbeiten hat der Kreis auf 158,57 Millionen Euro beziffert, die SKE stellt dagegen nur 92,18 Millionen Euro in Rechnung. Bei der laufenden Bewirtschaftung der Schulen ist die Partnerschaft mit SKE um 7,8 Prozent günstiger (eigene Erledigung Kreis: 93,87 Millionen Euro, PPP mit SKE: 86,52 Millionen Euro)“, führt Fritjof Sachs von der BBD Berliner Beratungsdienste aus, „spürbare finanzielle Vorteile gibt es außerdem bei der Finanzierung und den Verwaltungskosten. Die zusätzlichen Mehrausgaben von rund 8,5 Mio. Euro, die aus der Durchführung der Ausschreibung, dem Aufbau eines gezielten Controllings und des kaufmännischen Gebäudemanagements resultieren, ändern am Ergebnis nur wenig.“

Darüber hinaus hat die SKE den vom Kreis vorgegebenen Instandsetzungszeitraum – nach drei Jahren mindestens 30 Prozent, nach sechs Jahren mindestens 60 Prozent, nach neun Jahren mindestens 90 Prozent und nach zehn Jahren 100 Prozent der Gebäude und Außenanlagen – erheblich unterschritten. „Nach nur 5 Jahren sind die Gebäude und Außenanlagen renoviert, innerhalb der ersten drei Jahre liegt die Quote bereits bei 60 Prozent“, erläutert Landrat Peter Walter. Überzeugend sind auch die Reaktionszeiten des Bieters, die ebenfalls unter den geforderten Werten liegen. So hat sich SKE verpflichtet, Schäden, die die Sicherheit des Schulbetriebs gefährden, innerhalb von einer Stunde (Vorgabe 1,5 Stunden) zu beseitigen, Schäden, die die Nutzung der Schule erheblich beeinträchtigen, innerhalb von sechs Stunden (Vorgabe 24 Stunden) und geringfügige Schäden innerhalb von drei statt der vorgesehenen sieben Tage. Graffiti mit sexistischem oder rassistischem Inhalt wird innerhalb von nur einer Stunde entfernt.

„Ein komplexes rechtliches Konstrukt“, erklärt Christian Bunsen von der Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer, „regelt die vertraglichen Beziehungen.“ In einer Rahmenvereinbarung sind alle Details der Zusammenarbeit fixiert. Die SKE gründet im Kreisgebiet eine Projektgesellschaft, an der der Kreis über eine eigene Gesellschaft mit 5,1 Prozent beteiligt ist. Den Geschäftsführer stellt die SKE, er wird in der zweijährigen Aufbauphase durch einen zweiten Geschäftsführer vom Kreis unterstützt. Von den 6 Sitzen im Aufsichtsrat übernimmt der Kreis zwei, einer geht an die Arbeitnehmervertreter. Bei der Projektgesellschaft wird darüber hinaus ein Beirat mit bis zu 20 Mitgliedern eingerichtet. Ihm gehören unter anderem Vertreter des Kreises, der Schulleitungen, der Elternbeiräte, der Schüler, des Staatlichen Schulamts und der Kreishandwerkerschaft an. Der Gesellschaftervertrag sieht darüber hinaus vor, dass bestimmte grundlegende Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden dürfen, der Kreis hat also ein Vetorecht.

Der Kreis Offenbach bleibt außerdem Eigentümer der Schulen. Er schließt mit der Projektgesellschaft zwei „Werkverträge“ ab. Der Sanierungsvertrag regelt die bauliche Instandsetzung, der Facility-Management-Vertrag regelt die Bewirtschaftung. Darin ist auch fixiert, dass der einmal erreichte Sanierungsstandard über die gesamte Vertragslaufzeit von 15 Jahren erhalten bleibt.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Partnerschaft mit SKE ist der unbedingte Vorrang des ordnungsgemäßen Schulbetriebs. Die Projektgesellschaft muss sich mit sämtlichen Maßnahmen arrangieren, die der Kreis in dieser Beziehung trifft. Auch behalten die Schulleitungen das Weisungsrecht gegenüber den Hausmeistern. Bei der neuen Gesellschaft wird eine Hotline installiert, die bei Fragen und Problemen genutzt werden kann. Unbeeinträchtigt von dem neuen Vertragskonstrukt bleibt auch die Vergabe von Nutzungsrechten an Dritte, sie liegt weiterhin in der Hand des Kreises. Damit bleiben die Schulgebäude offen für Ferienspiele, Veranstaltungen und Vereine.

Die Projektgesellschaft selbst wird etwa 80 Mitarbeiter beschäftigen. Dazu gehören auch 45 Hausmeister und maximal zehn Mitarbeiter aus der Kreisverwaltung mit ihrem Know-how. Dienstvereinbarungen regeln die Überleitung sowie die Wahrung und Sicherung der Belange der Arbeitnehmer, die über das vom Gesetzgeber geforderte Maß hinausgehen. „Für die Beschäftigten gilt unter anderem“, erklärt der Landrat, „die Zusage für etwaige Ansprüche aus betrieblicher Übung, der Bestand bisher gewährter freiwilliger Zusagen, die Gültigkeit der Tarifverträge für weitere fünf Jahre statt des üblichen einen Jahres, die dauerhafte Fortführung der zusätzlichen Altersversorgung und ein Übergangsmandat für Personalrat und Schwerbehindertenvertreter für maximal sechs Monate.“

Das gesamte Verfahren, dem im Ergebnis auch die Genehmigungsbehörde, das RP in Darmstadt, grundsätzlich zustimmt, ist mit großer Sorgfalt und Genauigkeit durchgeführt worden. Dies gilt nicht nur für die fachlichen und wirtschaftlichen, sondern auch für die rechtlichen Aspekte. „Um ein so einmaliges Pilotprojekt vernünftig zu realisieren,“ erklärt Fritjof Sachs, „war Zeit ein notwendiges Muss. Allein die Erfassung des Ist-Zustandes sowie des Sanierungs- und Instandhaltungsbedarfs der mehr als 500 Gebäudeteile hat mehrere Wochen in Anspruch genommen. Größte Sorgfalt wurde dann auf die Beschreibung des Leistungskataloges gelegt, denn das Vertragswerk ist für 15 Jahre bindend. Schließlich haben alle Bieter mehrere Monate die Schulen des Kreises eingehend inspiziert. Die Ausarbeitung der vertraglichen Details mit SKE kostet dann nochmals Zeit. Für Problemstellungen wie beispielsweise die Risikoverteilung – bekannte Risiken sind jetzt in das Angebot eingespeist worden – gab es keine Musterlösungen. „Wir haben jetzt nicht nur ein überzeugendes Resultat“, so Fritjof Sachs, „sondern zusammen mit dem Kreis Offenbach auch qualifiziertes Know-how, an dem viele Schulträger Interesse haben. Das dokumentiert sich bereits jetzt in der hohen Zahl der Gemeinden, Städte, Landkreise und Bundesländer, die am PPP-Modell Kreis Offenbach Interesse haben und die wir gemeinsam mit dem Kreis beraten.“

„Verfahren und Ergebnis bestätigen“, summiert der Landrat, „dass es für den Kreis Offenbach keine Alternative zur PPP gibt. Wir kennen unseren Investitionsrückstau und den können wir unter derzeitigen Status-quo-Bedingungen erst in 25 Jahren abbauen, auch wenn wir unsere Haushaltsansätze in den vergangenen Jahren drastisch erhöht haben. Wenn wir uns nicht bewegen, nehmen wir nicht nur bewusst einen progressiv fortschreitenden Werteverzehr in Kauf. Die neuen Regelungen der Hessischen Bauordnung verpflichten uns in erheblich höherem Maße als früher, die Verantwortung für den Zustand baulicher Anlagen zu übernehmen. Das gilt für Sicherheit und Brandschutz aber auch für die naturwissenschaftlichen Fachräume und die Außenanlagen. Im Rahmen der baulichen Zustandsanalyse sind Mängel erfasst worden, die wir beseitigen müssen, ob wir wollen oder nicht. Dafür brauchen wir mehr Finanzmittel, egal von wem auch immer die Arbeiten erledigt werden. Wenn die Kosten allein für den Brandschutz bei kreiseigener Erledigung 38,6 Millionen Euro betragen, dies bei der Firma SKE aber nur etwa 24 Mio. Euro kostet und zudem in fünf Jahren komplett erledigt ist, wird die Frage nach der Alternative eigentlich bereits rhetorisch.“

„Das bundesweit einmalige PPP-Projekt Schulen“, so Landrat Peter Walter abschließend, „garantiert aber nicht nur die schnelle Instandsetzung und eine effiziente Bewirtschaftung der Schulgebäude. Es bedeutet für den Kreishaushalt langfristige und überschaubare Planbarkeit des Mittelbedarfs und in diesem Bereich Unabhängigkeit von Kapitalmarktschwankungen. Es bringt uns darüber hinaus dem Ziel, Rückzug der Verwaltung auf Kernkompetenzen, einen entscheidenden Schritt näher. Gute Bildungseinrichtungen steigern außerdem die Standortqualität. Die regionale Wirtschaft profitiert aber auch unmittelbar, denn die Verträge sind so gestaltet, dass regionale Unternehmen in Auftragsvergaben einzubeziehen sind. PPP ist eine win-win Situation für alle Partner. Die Bewertung der Angebote für die 47 Schulen im Los Ost läuft derzeit. Die Entscheidung kann schnell getroffen werden, denn wir verfügen jetzt über das notwendige Know-how.“