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13.11.2007

Ganzheitliches Beratungskonzept

Der Kreis Offenbach hilft ALG II-Bezieherinnen und -Beziehern beim Schuldenabbau

Jetzt kaufen, später zahlen - das hat sich zur Devise vieler Bürgerinnen und Bürger entwickelt. Galt es früher als ehrenrührig Schulden zu machen, so wird das Leben auf Pump heute immer beliebter und deshalb stehen die deutschen Haushalte im Schnitt mit 40.000 Euro in der Kreide. Vor allem auf Familien mit Kindern lasten überproportional viele Kredite. Was bringt Menschen dazu, über ihre Verhältnisse zu leben? Ist eisernes Sparen wirklich immer erstrebenswert oder sollte man sich nicht ab und an das eine oder andere einfach leisten, ohne auf den Kontostand zu achten? Besonders für Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger ist der tägliche Umgang mit Geld existentiell. Und oftmals ist die Schuldenfalle vorgezeichnet! Der Kreis Offenbach als Optionskommune hat deshalb die Schuldnerberatung zu einem zentralen Punkt seiner Arbeit gemacht.

Sozialdezernent Carsten Müller: „Ab sofort wird einmal im Monat für die ALG II-Bezieherinnen und -Bezieher im Kreis eine Erstberatung in Form einer Gruppeninformationsveranstaltung durchgeführt.“ Ziel dieser Infoveranstaltung ist die Vermittlung von bestimmten Sachinhalten, die die Klienten befähigen sollen, erste Schritte zur Lösung ihrer Schuldenproblematik eigenständig unternehmen zu können, die Angst vor den Schulden und Gläubigern zu vermindern, Verantwortung für ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten zu übernehmen und bereits selbstständig mit der Schuldenregulierung zu beginnen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die Klienten mit entsprechenden Basisinformationen (Erste-Hilfe-Mappe) ausgestattet. Wie hole ich eine Eigenauskunft bei der Schufa und beim Registergericht ein? Wie erstelle ich eine Gläubiger- und Forderungsaufstellung? Wie kontaktiere ich Gläubiger, um den Sachstand mitzuteilen oder Vereinbarungen zur Ratenzahlungen zu treffen? Welche Schuldnerschutzmaßnahmen kann ich in Anspruch nehmen?

Im Anschluss an die Gruppeninformationsveranstaltung stehen die Beratungskräfte für Einzelauskünfte in vertraulichem Rahmen zur Verfügung. Es können dann - wenn die Klienten dies wünschen - auch schon weitere Einzeltermine vereinbart werden.

„Die Teilnahme an der Informationsveranstaltung hat verpflichtenden Charakter. Sie wird künftig Teil der Eingliederungsvereinbarung“, betont Müller. „Bei den Gruppenterminen geht es nämlich nicht darum, dass jemand seine persönlichen und privaten Probleme erzählt. Es geht vielmehr um eine rein sachliche Informationsvermittlung, bei der niemand seine persönlichen Dinge offenbaren muss. Daher ist eine verbindliche Teilnahme zumutbar.“

Diese Sicht wird auch von den zuständigen Datenschutzbeauftragten des Kreises Offenbach und des Landes Hessen geteilt, mit denen der Kreis die Verfahrensweise abgestimmt hat.

„Die Hartz-IV-Bezieherinnen und -Bezieher nehmen die sachlichen Informationen mit nach Hause. Dort können sie über das Gehörte nachdenken und selbst entscheiden, ob ihnen diese Informationen ausreichen, oder ob sie eine individuelle Schuldnerberatung in Anspruch nehmen möchten, vielleicht sogar ein Insolvenzverfahren anstreben, die ausgehändigten Materialien für erste eigenständige Schritte nutzen oder die Notwendigkeit einer weiterführenden Beratung für sich als nicht erforderlich erkennen“, macht Kommserve-Geschäftsführerin Brunhild Dathe deutlich.

„Wir wollen die Menschen sensibilisieren und zur Eigenverantwortung motivieren“, sagt Dathe. Die individuelle Schuldnerberatung findet in den jeweiligen zentralen Beratungsstellen im Kreis statt. Schuldner-, Sucht- und Erziehungsberatung arbeiten hier Hand in Hand, da die Übergänge und Ursachen für die persönliche und finanzielle Krise oftmals ineinander greifen. Träger der drei Beratungszentren im Kreis sind das Diakonische Werk, die Caritas und der Paritätische Wohlfahrtsverband. Dathe: „Die Beratung ist ein umfassender Entwicklungsprozess mit dem Ziel der persönlichen und ökonomischen Stabilisierung und des wirtschaftlichen Neubeginns. Als anerkannte Organisation können Caritas, Diakonie und Paritätischer Wohlfahrtsverband die Hilfesuchenden langfristig begleiten. Damit haben wir den entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer bedarfsorientierten und optimierten Umstrukturierung der Beratungsleistungen im Kreis Offenbach gemacht.“

Die Neuordnung der Beratungslandschaft trägt gleichzeitig dazu bei, die soziale Infrastruktur für die Zukunft zu sichern und belastbare Strukturen in der sozialen Grundversorgung zu schaffen. Darüber hinaus eröffnet die organisatorische und fachliche Zusammenführung der Angebote in einer Hand, Einsparpotentiale, weil sich institutionelle Strukturkosten reduzieren, Leistungsmengen flexibler gestalten lassen und marktfähige Leistungen refinanzierbar werden. „Gleichzeitig handelt es sich bei den Beratungszentren um ein integriertes Beratungsangebot, das auch bei mehrfachen Problemlagen in der Familie ganzheitliche Beratung aus einer Hand anbietet“, erklärt Sozialdezernent Carsten Müller zum Abschluss. „Insoweit wird hier ein sehr innovatives, familienfreundliches und effizientes Beratungskonzept im Kreis Offenbach wegweisend umgesetzt.“