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06.07.2004

Keine Besserung der kommunalen Finanzlage in Sicht

Das Defizit im Haushalt 2004 des Kreises Offenbach ist weiter gestiegen, so dass noch vor der Sommerpause im Kreistag ein erster Nachtragshaushalt vorgelegt wird. Im Verwaltungshaushalt 2004 liegt der Fehlbetrag bei 29,426 Millionen Euro, ursprünglich ausgewiesen waren 22,046 Mio. Euro. Die Einnahmen im Verwaltungshaushalt gehen von 242.443.420 Euro auf 240.535.560 Euro zurück. Demgegenüber steigen die Ausgaben von 264.489.970 Euro auf 269.961.520 Euro. Im Vermögenshaushalt steigt die Summe von 50.102.380 Euro bisher auf 53.106.350 Euro.

„Diese Situation überrascht nicht“, erklärt Landrat Peter Walter, „denn die Rahmenbedingungen auf Bundesebene tragen nicht dazu bei, die dramatische finanzielle Lage von Kommunen und Kreisen zu verbessern, im Gegenteil. Die seit Jahren unveränderten Hebesätze führen dazu, dass sich unsere Einnahmen 2004 auf dem Niveau der neunziger Jahre bewegen, Preissteigerungen und Inflationsrate nicht eingerechnet. Demgegenüber sind die vom Gesetzgeber an uns übertragenen Aufgaben aber überproportional gewachsen, ohne ausreichende Kostendeckung. Ich erinnere nur an die Grundsicherung im vergangenen Jahr. Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich müßig einzelne Zahlen ins Feld zu führen.“

Verantwortlich für die Entwicklung des Kreishaushaltes sind nach wie vor die bekannten externen Faktoren. Das spiegeln auch unsere Haushaltszahlen wider. Das dauerhaft minimale Wirtschaftswachstum führt zu sinkenden Steuereinnahmen, die Folge: der Kreis erhält etwa 2,2 Millionen Euro weniger aus den Zuweisungen des Landes und der Kreisumlage als ursprünglich kalkuliert. Tarifabschlüsse und das statische Personalrecht sind unbeeinflussbare Größen. Da außerdem in unserem Haus entgegen allen Erfahrungen und Trends die Personalfluktuation 2004 völlig zum Stillstand gekommen ist, müssen auf den Ansatz von 44,022 Millionen Euro nochmals 1,49 Millionen Euro draufgesattelt werden. Im Sozialbereich werden 2,3 Millionen Euro Mehraufwendungen notwendig, um die Verwaltungskosten der Delegationsgemeinden bis Ende des Jahres zu tragen. Noch nicht eingepreist ist zum jetzigen Zeitpunkt das Risiko, das mit der auf hohem Niveau stagnierenden Arbeitslosigkeit einhergeht. Hier sind weitere Mehraufwendungen im Jugend- und Sozialbereich zu erwarten. Nennenswert weniger Ausgaben sind lediglich bei der LWV-Umlage zu veranschlagen. Durch die Reduzierung der Umlage von 15,23 Prozent auf 14,99 Prozent bleiben 1,16 Millionen Euro zusätzlich in der Kreiskasse.“

Der Blick auf Deutschland und das Land Hessen zeigt, dass der Kreis Offenbach mit dieser Entwicklung nicht alleine steht und die Ursachen überall die gleichen sind. Eine Auswertung aller vorliegenden Finanzdaten durch den Deutschen Landkreistag kommt zu dem Ergebnis, dass vorhandene Konsolidierungspotentiale in den vergangenen Jahren fast vollständig ausgeschöpft wurden und weitere gestalterische und finanzielle Spielräume fehlen. Sinkendes Steueraufkommen denen steigende Sozialausgaben gegenüberstehen führen aber dazu, dass zwischen Einnahmen und Ausgaben der Kreise eine wachsende Lücke klafft. Die kostentreibenden Faktoren liegen im sozialen Bereich. Dazu gehören nicht nur die Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern in verstärktem Maß die Hilfen in besonderen Lebenslagen, unter anderem eine Folge der Gesundheitsreform. Der Kreis Offenbach hat bereits im Nachtrag 2003 etwa eine Million Euro zusätzlich bereitstellen müssen, um den Ausfall von Krankenkassenleistungen aufzufangen. Im Ergebnis müssen immer mehr deutsche Landkreise Haushaltsfehlbeträge für 2004 ausweisen. In Hessen betrifft das zurzeit 20 von 21 Kreisen.

Das Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben wird auch anhand von Zahlen für das Land Hessen deutlich. Für die Kreise werden im Jahr 2004 95,9 Millionen weniger Schlüsselzuweisungen und 58,5 Millionen weniger aus der Kreis- und Schulumlage erwartet. Demgegenüber ist allein der Zuschussbedarf für soziale Sicherung ohne Personalaufwand um etwa 80 Millionen Euro gestiegen. Die zur Verfügung stehende Finanzausgleichmasse von 2,4 Milliarden Euro bewegt sich auf dem Niveau von 1993. Die Summe aller jahresbezogenen Fehlbedarfe hat hessenweit im Jahr 2003 noch 140.531.000 Euro betragen, für 2004 werden 419.576.000 Euro kalkuliert. Dieser Trend deckt sich auch mit der Entwicklung des Kreishaushaltes, wenngleich die Steigerungsrate dank konsequenter Konsolidierung und Reform erheblich niedriger liegt. Einem Defizit von 16,9 Millionen Euro in 2003 steht ein Defizit von aktuell 29,4 Millionen Euro gegenüber. Der Finanzausschuss des HLT hat berechnet, dass allein zum Ausgleich des jahresbezogenen Gesamtfehlbedarfes 2004 die Kreisumlagehebesätze um durchschnittlich 12,7 Prozentpunkte erhöht werden müssten. Auf dieser Basis müsste der Kreis Offenbach die Kreisumlage auf etwa 56 Prozentpunkte erhöhen.

„Vor diesem Hintergrund“, erklärt Peter Walter, „ist es nachvollziehbar, dass das Regierungspräsidium in Darmstadt unseren Haushalt nur unter der Bedingung genehmigt, dass wir die Kreisumlage um zwei Prozentpunkte erhöhen. Dies bedeutet Mehreinnahmen von etwa 5,5 Millionen Euro. Da unser Hebesatz mit 43 Punkten unter dem derzeitigen hessischen Durchschnitt von 43,55 Punkten liegt, sind wir gesetzlich verpflichtet, diese Einnahmequelle auszuschöpfen. Darüber hinaus wurde heute Morgen im HLT-Finanzausschuss kein Zweifel daran gelassen, dass es Generallinie des Landes ist, die Kreisumlagen zu erhöhen.“ Die Genehmigung der Haushaltssatzung für das Jahr 2004 enthält natürlich auch noch weitere Auflagen. Dazu gehört eine zu verfügende Haushaltssperre, deren Höhe derzeit noch nicht beziffert ist. Darüber hinaus werden auch zahlreiche Punkte eingefordert, die bereits in unserem Haushaltskonsolidierungsprogramm angesprochen sind. Dazu gehört unter anderem die Reduzierung der Verwaltung auf ihre Kernaufgaben und weiterer Stellenabbau. Die bereits bestehende Stellenbesetzungssperre wird auf 12 Monate verlängert.

„Unser 15-Punkte-Programm zur Haushaltskonsolidierung“, erklärt der Landrat, „werden wir konsequent weiter umsetzen, und einen ersten wichtigen Schritt haben wir in Richtung Reduzierung auf Kernaufgaben bereits vollzogen. Der Vertragsabschluss mit SKE schlägt zwar beim Nachtrag im Verwaltungshaushalt mit 3,56 Millionen Euro zu Buche, damit können allerdings die Ansätze bei Personalausgaben, Unterhaltungs- und Bewirtschaftungskosten im Bereich Schulen um etwa 1,2 Millionen verringert werden. So erreichen wir langfristige Planungssicherheit und verfügen über eine kalkulierbare Finanzgröße in einem kostenintensiven Bereich.“ Um die Steuerungshoheit über unsere Finanzen nicht noch stärker einschränken zu lassen, werden wir uns nachdrücklich dafür einsetzen, die Experimentierklausel für Hartz IV zu erhalten und die kommunale Option ausüben zu können. Nur auf diesem Weg ist garantiert, dass wir direkten Einfluss auf die Kosten im Sozialbereich nehmen und die Entwicklung positiv beeinflussen können.

„Es ist nicht davon auszugehen“, so Peter Walter abschließend, „dass sich die Lage der Kreisfinanzen erhebliche verbessert, solange der Bundesgesetzgeber uns zusätzliche Belastungen aufzwingt und nicht klar erkennbar ist, aus welchen künftigen Gesetzesvorhaben zusätzliche finanzielle Folgen für Kreise und Kommunen resultieren. Wir haben bereits viele Konsolidierungsmöglichkeiten ausgeschöpft und es wäre mit Blick auf andere Kreise kaum vorstellbar, welche Höhe unsere kumulierten Defizite hätten, wenn es uns nicht in den vergangenen drei Jahren gelungen wäre, diese systematisch auf Null abzubauen.“