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Leitbild Mobilität ist in voller Fahrt

Mobilität gehört zu den Standortfaktoren in der Metropolregion FrankfurtRheinMain. Darum hat das Thema im Kreis Offenbach oberste Priorität und das schon seit einigen Jahren. Beim mittlerweile 8. Mobilitätsforum im Kreishaus in Dietzenbach wurden nicht nur die vielen Fortschritte, die sich in vielen lokalen Einzelprojekten zeigen, präsentiert, es ging auch über die Kreisgrenzen hinaus. Auf der Rednerliste standen Gudrun Schulze, Teamleiterin „Infrastruktur und nachhaltige Mobilität“ bei der EU Kommission, Generaldirektion Mobilität und Verkehr (MOVE), Mathias Samson, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung sowie Marita Widmann, Leiterin des Planungsreferats der Stadt Mödling bei Wien.

Mit rund 130 Teilnehmenden stieß die Sitzung auf so viel Interesse wie nie zuvor. „Daran wird deutlich, welchen Stellenwert das Thema Mobilität mit seinen vielen Aspekten hat“, resümieren Landrat Oliver Quilling und Claudia Jäger, Erste Kreisbeigeordnete und Aufsichtsratsvorsitzende der Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach (kvgOF), „die Agenda der erfolgreichen Projekte wird immer länger. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über Verkehrsprojekte in unseren 13 Kommunen berichtet wird. Den Erfolg unseres Leitbildes Mobilität haben auch unsere auswärtigen Gäste bestätigt.“

Im Mittelpunkt der Informationen von der Spezialistin der EU, Gudrun Schulze, standen die Fördermöglichkeiten, die Brüssel zu bieten hat. Das Hauptaugenmerk lag unter anderem auf dem Programm „Connecting Europe Facility“ (CEF). Der Kreis liegt im Schnittpunkt der beiden Fernverkehrsstrecken Rhein-Alpen- und Rhein-Donau-Korridor des Transeuropäischen Netzes (TEN-T). Das Programm CEF der Europäischen Union, aus dem beispielsweise auch die Planungsleistungen für die Regionaltangente West mit rund 7,7 Millionen Euro bezuschusst werden, unterstützt auch urbane Knoten. Sowohl die Luftverschmutzung durch den Autoverkehr als auch der wirtschaftliche Schaden die Kosten, die die Staus auf den Straßen der EU produzieren, werden pro Jahr auf rund 100 Milliarden Euro geschätzt liefern ein starkes Argument für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Die Fachfrau aus Brüssel zeigte sich beeindruckt von den Verkehrsprojekten im Kreis Offenbach und hob besonders den vom Kreis geplanten Ausbau der Fahrradwege zu Deutschlands größtem Flughafen hervor. Der Kreis wird prüfen, welche Fördermöglichkeiten es auf europäischer Ebene gibt.

Staatssekretär Mathias Samson, Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, plädierte dafür, die verschiedenen Verkehrswege stärker miteinander zu verknüpfen. Diese Verbindung und das leichte Umsteigen, sprich die Intermodalität, praktiziert der Kreis bereits, beispielsweise an den Bahnhöfen in Dietzenbach Mitte und Jügesheim, wo Fahrradabstellboxen online gebucht werden können. Der Anteil der Fahrten mit dem Fahrrad liegt im Kreis Offenbach derzeit bei rund zehn Prozent. Ziel ist es, diese Quote in den nächsten Jahren zu verdoppeln.

Aus dem Leitbild Mobilität wurden in den vergangenen Monaten umgesetzt oder sind in Umsetzung: drei neue Fahrradstraßen in Dreieich, Langen und Seligenstadt. Eines der wichtigsten Projekte im Kreis Offenbach ist die schnelle Raddirektverbindung zwischen Darmstadt und Frankfurt, für die 2018 im Süden des Kreises der Startschuss fällt. Der Kreisausschuss hat mit seinem Beschluss in der vergangenen Woche den Weg frei gemacht für den schnellen Radweg von Darmstadt nach Frankfurt. Ebenfalls besser vorankommen sollen Radler künftig auf einem weiteren Radschnellweg, der quer durch den Kreis von Seligenstadt über Rodgau, Dietzenbach, Götzenhain mit Abzweigungen nach Langen und Neu-Isenburg führt. „Außerdem werden wir den Bau des Radwegs an der L 2310 in Mainhausen angehen“ erläutert Claudia Jäger, „dies ist ein Ergebnis aus unserer Radtour im Frühjahr 2017.“

Ein weiteres Ziel aus dem Leitbild ist die konsequente Umsetzung von Querungshilfen. Erst im Sommer wurde hier Hessen Mobil in Rödermark-Waldacker aktiv. Am Kreisel an der B 44 zwischen dem Airport und Neu-Isenburg muss es aber vermutlich entweder eine Unter- oder Überführung geben. Außerdem sorgt der Kreis Offenbach dafür, dass Radler am Schloss Wolfsgarten und bei Oberlinden künftig schneller und sicherer über die vielbefahrene Kreisstraße 168 kommen. Entlang der Landesstraße 3262 zwischen Buchschlag und dem Flughafen, die unter anderem auch die Zufahrtsrampen zur vielbefahrenen B 44 quert, soll eine sichere Radverkehrsanlage geplant werden.

„Manche dieser Maßnahmen, das gilt auch für viele Kreisel“, erläutert Professor Jürgen Follmann von der Hochschule Darmstadt, „sind Lösungsversuche. Erst wenn sie sich bewähren, werden sie quasi in Beton gegossen.“

Um Wartezeiten zu verringern und die Reisegeschwindigkeit der Fahrgäste zu erhöhen, soll der heutige Linienbus OF 99, der quer durch den Kreis fährt, in wenigen Jahren deutlich schneller und attraktiver werden. Auf der Agenda des Leitbildes Mobilität steht ferner die Verknüpfung der geplanten Regionaltangente West mit der Dreieichbahn am Bahnhof Buchschlag, die Verlängerung der S-Bahn (S1 oder S2) nach Dieburg, die Erweiterung der Straßenbahn von Darmstadt bis nach Langen, der Umbau des Tannenmühlkreisels sowie eine Qualitätsoffensive an Ampeln, damit es an den Kreuzungen schneller vorangeht. „Erst vor einigen Tagen“, so Jürgen Follman weiter, „haben wir in Dreieich Untersuchungen zum Qualitätsmanagement von Lichtsignalanlagen vorgestellt.“

„Unser Ziel ist es, den Weg frei zu machen für gute Verbindungen, damit Pünktlichkeit, Komfort und Zuverlässigkeit bei Bus und Bahn nicht auf der Strecke bleiben“, so Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger. Sie setzt sich für eine südmainische S-Bahnlinie ein, „damit der Nahverkehr auf der Schiene nicht länger auf den Hauptverkehrsstrecken des Fernverkehrs sozusagen in der zweiten Klasse fährt, sondern auf separaten Gleisen unterwegs ist und nicht durch den völlig überlasteten City-Tunnel Frankfurts fahren muss“, sagt Claudia Jäger.

In der nächsten Kreisausschusssitzung soll dann der Startschuss für die erste vollständig auditierte Verkehrsmaßnahme gegeben werden. An der K 185 in Seligenstadt wird die grundhafte Fahrbahnsanierung und die Einrichtung von Querungshilfen mit dem Bau eines Gehwegs und den barrierefreien Haltestellen verknüpft und damit erstmals die Interessen aller Verkehrsteilnehmenden und aller Verwaltungsebenen berücksichtigt. Die Kosten dafür betragen voraussichtlich etwa zwei Millionen Euro.

Um fließenden Verkehr zu garantieren, zählt zunehmend auch das digitale Moment. Auf diesen Zug ist die Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach (kvgOF) mit ihren vielseitigen Angeboten auf der Homepage zwar längst aufgesprungen. „Hier stehen wir aber erst am Anfang“, erläutert Andreas Maatz, Geschäftsführer der kvgOF, „die Menschen brauchen im regionalen Verkehr Transparenz, und auch wir sollten wissen, wo es wann und warum hakt. Nachdem wir feststellen mussten, dass die großen Namen sowohl Google als auch OpenStreetMap hier nur unvollständige oder gar falsche Angaben für unser Kreisgebiet anbieten, wollen wir selbst aktiv werden.“

Anfang nächstens Jahres startet die kvgOF darum mit einem ganz besonderen Angebot: dem Interaktiven Linienplan. Mit diesem Tool erhalten die Kunden maßgeschneiderte Informationen und Routenvorschläge zu ihren gewünschten Zielen wie etwa Schulen, Sehenswürdigkeiten, Stadthallen, Schwimmbädern oder anderen Adressen. Dazu liefert die kvgOF einen Überblick des Streckennetzes, der Radwege sowie aller Fahrpläne. News über die Verkehrslage werden permanent aktualisiert. „Wer mobil sein will, hat somit alles auf dem Schirm. Wir visualisieren Baustellen, weisen auf alternative Verkehrsmittel hin und binden andere Mobilitätsangebote wie Car Sharing, Fahrrad-Verleih oder Mietfahrzeuge mit ein. Außerdem können die Fahrgäste in naher Zukunft sicherlich mit ein paar Klicks das neue Anruf-Sammel-Taxi für den Nahverkehr buchen“, sagt Claudia Jäger, Aufsichtsratsvorsitzende.

Ebenfalls konsequent intensiviert werden soll das Jobticket in Betrieben. „Im Rahmen unserer aktiven Wirtschaftsförderung stellen wir immer wieder fest“, so Landrat Oliver Quilling, „dass es hier Bedarfe gibt, auch mit Blick auf die dringend notwendige Mitarbeiterbindung. Ich selbst kann mir vorstellen, dass größere Unternehmen, wie beispielsweise unsere Kreisverwaltung, ähnlich wie der Wetterdienst, hier einen echten Mehrwert für ihre Beschäftigten schaffen können. Gerade das betriebliche Mobilitätsmanagement hat neben dem Thema Fachkräfte einen sehr hohen Stellenwert.“

Mittlerweile sind im Rahmen des Leitbilds Mobilität zahlreiche Einzelprojekte in den 13 kreisangehörigen Kommunen realisiert worden. Hier bot der Vortrag von Marita Widmann, Leiterin des Planungsreferats aus der Stadt Mödling bei Wien, noch verschiedene Anregungen, wie beispielsweise das Einrichten von sogenannten Begegnungszonen oder das Nutzen von Taxen als Alternative zum Linienbusverkehr beispielsweise in den späten Abendstunden. Hier knüpft auch die Agenda der sogenannten „Denkfabrik an der Hochschule Darmstadt“ an. „Neben Themen wie Sicherheitsaudit in Bestand und Planung, die Qualität des Verkehrs auf Umleitungsstrecken, die Intermodalität oder auch die unterschiedlichen Anforderungen von Mobilität mit Blick auf die unterschiedlichen Generationen oder die Themen Siedlung, Wirtschaft und Freizeit“, so Jürgen Follmann, „sollten wir mit Blick auf den Nachbarn vielleicht über die Einführung einer Taxi-Flatrate nachdenken.“ „Das Thema Mobilität bleibt in Bewegung“, so der Landrat und die Erste Kreisbeigeordnete abschließend, „wir haben schon vieles auf den Weg gebracht, aber es bleibt immer noch vieles zu tun, und das gehen wir mit großem Engagement an.“