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17.02.2004

Mit aktiver Haushaltskonsolidierung künftig erfolgreich gegensteuern

Der Haushalt 2004 liegt dem Kreistag zur Entscheidung vor. Im Gegensatz zu den Jahren 2000 bis 2002 wird ein Defizit in Höhe von 21,9 Millionen Euro ausgewiesen. „Da die gesamtwirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland angespannt geblieben ist“, erklärt Landrat Peter Walter, „stehen die Kommunen unseres Landes vor immer größeren Finanzproblemen. Handlungsfähigkeit auf kommunaler Ebene ist damit so gut wie nicht mehr gegeben, Einschnitte kommen auch bei den Bürgerinnen und Bürgern spürbar an. Stagnierende Wachstumsraten und steigende Arbeitslosigkeit wirken sich unmittelbar auf die Kreiskasse und damit auf unsere Finanzkraft aus. Sollte es tatsächlich zu einer Konjunkturerholung kommen, wird sich dies auf den Kreishaushalt allerdings erst in Zukunft auswirken.“

Wie bereits schon im Nachtrag 2003 deutlich sichtbar, klafft die Schere zwischen fehlenden Einnahmen und steigenden Ausgaben immer weiter auseinander. Erhielt der Kreis 2002 noch 177,1 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich so waren es 2003 nur noch 169,1 Millionen und in diesem Jahr werden nur 161,8 Millionen Euro erwartet. Diese Entwicklung ist fremdbestimmt und kann durch den Kreis nicht beeinflusst werden. „Wenn sich die Ausgabensumme im Vergleich zu 2003 aber nur um 1,7 Millionen Euro auf 264,4 Millionen Euro erhöht, zeigt dies, dass der Kreis alles daran gesetzt hat, um die Belastungen so weit wie möglich im vorhinein durch Kürzungen aufzufangen. Auch das gesunkene Haushaltsgesamtvolumen von 323,8 Millionen in 2003 auf 314,5 Millionen bestätigt diese Handelungsmaxime. Nichtsdestotrotz beträgt die Netto-Neuverschuldung 27,1 Millionen Euro, das heißt, insgesamt muss der Kreis künftig 250,2 Millionen Euro Kredite bedienen.“

„Der dornenreiche Weg, der nun vor uns liegt“, führt der Verwaltungschef weiter aus, „kann nur über stringente und konsequente Haushaltskonsolidierung gehen. Darum haben wir anhand der aktuellen Situation das Haushaltskonsolidierungsprogramm 2004 bis 2007 erarbeitet, das der Kreisausschuss bereits beschlossen hat.“

Bestimmt wird das Programm von folgenden Leitlinien:

    1. Der Kreis zieht sich aus allen nicht eindeutig als hoheitlich zu definierenden bisherigen Tätigkeitsfeldern zurück, überträgt diese auf andere Leistungserbringer, sucht dafür Kooperations- und Vertragspartner, behält jedoch neben der Finanzverantwortung die Kontroll- und politische Steuerungsfunktion.  
    2. Der Kreis nutzt seine eigenen privat-wirtschaftlich arbeitenden Strukturen.  
    3. Der Kreis setzt Prioritäten in den Bereichen Bildung, Sicherheit, Familie, Jugend und Bürgergesellschaft.

Ziele des Programms sind:

    • vorhandene Strukturen aufbrechen und verändern, damit die Haushalte finanzierbar bleiben und neue Infrastrukturen geschaffen werden
    • Mittel- und langfristige Entlastung der Haushalte
    • Abbau der aufgelaufenen und Vermeidung von neuen Defiziten
    • Bewahrung der Handlungsfähigkeit des Kreises, um notwendige Infrastrukturen zu erhalten beziehungsweise neue zu entwickeln
    • Durchführung von Zukunftsinvestitionen.

Das Programm bezieht sich auf die Kernbereiche Organisation der Verwaltung, Personal, Soziales, Bildung/Schule sowie Immobilien und wirtschaftliches Vermögen. Schwerpunkt in der Organisation und Verwaltung liegt bei der Straffung der Organisationsstrukturen. Künftig soll die Kreisverwaltung nur noch drei Fachbereiche haben. Einzelne Organisationseinheiten werden fachbezogen zusammengeführt, um Synergien zu nutzen und Reibungsverluste zu vermeiden. Vorstellbar ist beispielsweise eine Organisationseinheit, in der alle Bereiche, die sich mit Schulen beschäftigen – vom Bau bis zum Schulentwicklungsplan – bearbeitet werden oder auch eine Organisationseinheit, in der sich Gesundheit und Sicherheit einschließlich der Rettungsleitstelle und dem Brandschutz wieder finden. Der Prozess wird von einem Regiekreis zur Verwaltungsmodernisierung und Haushaltskonsolidierung, der bereits arbeitet, kontinuierlich begleitet.

Die Personalausgaben stellen mit 44 Millionen Euro für 2004 eine erhebliche Größe im Gesamthaushalt dar. Tarifliche Ansprüche und gesetzliche Verpflichtungen verursachen jährliche Steigerungen, die trotz konsequenten Stellenabbaus bislang zu keiner erkennbaren Kostensenkung geführt haben. Darum heißt Konsolidierung im Bereich Personal zuerst einmal Stellenwiederbesetzungssperre und der Abbau von weiteren 18,5 Stellen. Darüber hinaus werden freiwillige Leistungen, beispielsweise ein halber freier Tag an Fasching oder der Betriebsausflug, gestrichen oder ausgesetzt.

Im Sozialbereich soll durch eine Vielzahl von organisatorischen Maßnahmen ebenfalls Kostenstabilität erreicht werden. Dazu ist es unabdingbar erforderlich, an einer Neustrukturierung der sozialen Infrastruktur gemeinsam mit den unterschiedlichen Trägern zu arbeiten. Neben den rein organisatorischen Maßnahmen wird im Bereich Soziales die Leistungsgewährung systematisch überprüft, das Personal im Bereich „Einnahmen Soziales“ verstärkt und ein Außendienst Sozialhilfebereich aufgebaut.

Im Zuge der Hartz-Maßnahmen hat der Kreis eine ständige Stabsstelle etabliert. Hier werden die Vorbereitungen getroffen, um je nach Lage für das Optionsmodell votieren zu können und Arbeitslosen- und Sozialhilfe beim Kreis zusammen zu führen. Darüber hinaus wird derzeit daran gearbeitet, die Aufgaben der sozialen Dienstleistungen und Leistungsgewährung an Freie und andere Träger zu übergeben, die Hilfe und Beratungsstruktur komplett neu zu organisieren und damit beispielsweise eigene Beratungsstellen aufzulösen oder in ein neues Konzept einzugliedern. In den ersten Trägerkonferenzen hat es bereits Überlegungen gegeben, künftig drei Beratungszentren im Kreis einzurichten.

Im Bereich Bildung/Schule soll das Angebot der Kreisvolkshochschule, deren Etat nach wie vor eine Unterdeckung von rund 1,1 Millionen Euro im aktuellen Haushaltsplan ausweist, künftig auf ein Kernangebot reduziert werden. Gleichzeitig sollen Parallelstrukturen im Fort- und Weiterbildungsangebot aufgelöst und in die Volkshochschule integriert werden, beispielsweise das Jugendbildungswerk. Es wird auch geprüft, ob die Volkshochschule künftig unter dem Mantel einer GmbH arbeiten soll.

Bei der Schülerbeförderung werden Mechanismen zur Kostenkontrolle installiert. In Zusammenarbeit mit dem Land Hessen soll die steigende Anzahl von Kindern, die eine „Schule für Lern- und Erziehungshilfe“ besuchen müssen, durch geeignete Maßnahmen reduziert werden. Eine Alternative wäre beispielsweise eine „virtuelle Schule für Erziehungshilfe“. Die Kinder könnten Schulen im heimischen Umfeld besuchen und würden zusätzlich bedarfsgerecht gefördert. Schulneubauten wären überflüssig und Schülerbeförderungskosten könnten gespart werden. Das Kompetenznetzwerk Schulen trägt außerdem dazu bei, Beratungsangebote besser zu fokussieren und frühestmöglich anzusetzen.

Im Bereich Immobilien und wirtschaftliches Vermögen soll daran gearbeitet werden, zum einen die Verwaltung des Grundstücksbestandes zu optimieren und zum anderen die Betriebskosten soweit wie möglich abzusenken. Wirksame Maßnahmen sind die Veranschlagung von Kosten für die Drittnutzung, Prüfung der Veräußerung kreiseigener Grundstücke sowie der Betrieb und die Bewirtschaftung von Grundstücken und Immobilien durch Private, wie beispielsweise bei den Schulgebäuden.

„Das Maßnahmenbündel des Haushaltskonsolidierungskonzeptes“, erklärt Landrat Peter Walter, „dient nicht nur der Stabilisierung unseres Haushaltes. Es soll gleichzeitig einen Paradigmenwechsel herbeiführen. Die Konzentration auf die großen Kostenblöcke wird aus unserer Sicht noch in diesem Jahr dazu führen, dass wir erste Erfolge verbuchen können. Zukunftsfähigkeit kann nur herbeigeführt werden, wenn alles hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt wird. Wir gehen zuversichtlich davon aus, dass wir mit dem Aufbrechen von tradierten Strukturen die Voraussetzungen dafür schaffen, den nach wie vor negativen Rahmenbedingungen mit erfolgreichen Alternativstrategien zu begegnen. Nur über diesen Weg wird es gelingen, tragfähige und dauerhafte Infrastrukturen zu entwickeln, die die Angebotsqualität sichern und die auch mittelfristig finanzierbar bleiben.“