Sprungziele
Seiteninhalt
05.12.2023

Haushalt des Kreises weitgehend fremdbestimmt

Umlagen für Kommunen erhöhen sich um gut vier Prozentpunkte

Landrat Oliver Quilling, Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger und Kreisbeigeordneter Carsten Müller haben Anfang der Woche den Entwurf des Haushaltsplans für das Jahr 2024 offiziell vorgestellt. Kämmerer Carsten Müller wird diesen am Mittwoch in der Kreistagssitzung in die parlamentarische Beratung einbringen. Die Handlungsspielräume für die Verantwortlichen im Kreis Offenbach wurden auch in diesem Etat erneut geringer. Steigende Transferleistungen, Preissteigerungen und Rekorde in vielen Bereichen lassen die finanziellen Möglichkeiten, eigene Akzente zu setzen, weiterhin schrumpfen.

Kreis- und Schulumlage

Die Umlagen für die Städte und Gemeinden steigen erneut. Der Hebesatz der Kreisumlage wird auf 36,32 Prozentpunkte festgesetzt, ein Anstieg von drei Prozentpunkten. Die Schulumlage wird auf 18,67 Prozentpunkte festgelegt, ein Plus von 1,06 Prozentpunkten. Diese werden Jahr für Jahr bedarfsabhängig für die Belastungen als Schulträger kalkuliert. Insgesamt fließen 402,1 Millionen Euro durch die Umlagen in die Kreiskasse (zum Vergleich: 375,8 Millionen Euro in 2023).

Die gesamte Umlage beträgt 54,99 Prozent. Im Vergleich der Landkreise innerhalb des Regierungspräsidiums Darmstadt liegt die Umlagenhöhe des Kreises Offenbach im Jahr 2024 erneut im Mittelfeld.

Ergebnishaushalt

Nachdem der Etat mit dem Haushalt 2023 erstmals die „Schallmauer“ von 800 Millionen Euro überschritten hat, setzt sich dieser Trend im Jahr 2024 fort. Der Kreis rechnet im Ergebnishaushalt mit Erträgen in Höhe von 887,5 Millionen Euro. Bei den Aufwendungen werden erstmals mehr als 900 Millionen Euro kalkuliert, knapp 909,6 Millionen Euro sind vorgesehen. Daraus ergibt sich ein Defizit im Ergebnishaushalt in Höhe von etwa 22 Millionen Euro. Ausgeglichen werden kann dieses Defizit durch bestehende ordentliche Rücklagen aus Vorjahren.

Die ordentlichen Erträge steigen im Haushalt 2024 gegenüber dem Vorjahr um rund 71,5 Millionen Euro. Aus dem kommunalen Finanzausgleich werden knapp 87,3 Millionen Euro in Form von Kreisschlüsselzuweisungen erwartet (zwei Millionen Euro mehr als im Jahr 2023). Aus der Kreisumlage fließen im Jahr 2024 knapp 265,6 Millionen Euro in die Kreiskasse (zum Vergleich: 245,8 Millionen Euro im Jahr 2023). Die Schulumlage, die kostendeckend erhoben wird, ist mit 136,5 Millionen Euro (129,9 Millionen Euro im Jahr 2023) berechnet.

Die ordentlichen Aufwendungen steigen um rund 84 Millionen Euro vom laufenden zum kommenden Jahr. Die Transferaufwendungen gehen weiter steil nach oben: Im Jahr 2024 sind rund 471,1 Millionen Euro veranschlagt. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren, im Jahr 2019, lagen diese noch bei knapp 277 Millionen Euro. Inzwischen ist der Zuschussbedarf aus kommunalen Mitteln erheblich gestiegen. Dieser liegt für den Haushalt 2024 bei knapp 208 Millionen Euro. Insbesondere gestiegene Fallzahlen in den Fachdiensten Jugend und Familie, SGB XII, Asyl und sonstige soziale Leistungen sowie Arbeitsmarkt und Option sind dafür verantwortlich.

Die Umlage an den Landeswohlfahrtsverband (kurz: LWV) ist erneut im Vergleich zum aktuellen Haushalt gestiegen. Im kommenden Jahr sind 91,4 Millionen Euro kalkuliert, ein Plus von 7,5 Millionen Euro. In diesem Jahr waren es bereits 83,9 Millionen Euro. Die Krankenhausumlage hingegen steigt nur leicht an: knapp 8,7 Millionen Euro sind im kommenden Jahr veranschlagt (zum Vergleich: 8,6 Millionen im Jahr 2023).

Die Personalkosten sind mit rund 78,2 Millionen Euro im kommenden Jahr kalkuliert. Das ist im Vergleich zum Haushaltsjahr 2023 ein Plus von 7,5 Millionen Euro. Darin einkalkuliert sind vor allem die Tarifanpassung, die mit 5,8 Millionen Euro zu Buche schlägt. Der Stellenplan sieht 102 neue Stellen vor. Im Etat werden sich diese allerdings erst im Jahr 2025 bemerkbar machen. Da die Stellenausschreibungen erst nach der Genehmigung des Haushaltplans erfolgen dürfen, wird eine Stellenbesetzung im Jahr 2024 eher die Ausnahme sein. Die größten Stellenzuwächse ohne die Berücksichtigung von internen Verschiebungen:

    • 20 neue Stellen im Fachdienst Jugend und Familie unter anderem für die Umsetzung der SGB VIII-Reform sowie die Bewältigung steigender Fallzahlen
    • 17,5 Stellen im Fachdienst SGB XII, Asyl und sonstige soziale Leistungen unter anderem für die Bewältigung steigender Fallzahlen
    • elf Stellen im Fachdienst Ausländerangelegenheiten für die Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes
    • 9,5 Stellen im Fachdienst Schule und Bildung unter anderem Springerstellen für Schulsekretariate
    • 5,5 Stellen im Fachdienst Informationstechnologie, um den höheren Arbeitsaufwand zu bewältigen
    • fünf Stellen im Fachdienst Bauaufsicht unter anderem für die Umsetzung von gesetzlichen Änderungen

Finanzhaushalt

Im investiven Bereich stehen Einzahlungen in Höhe von 5,3 Millionen Euro Auszahlungen in Höhe von 70,3 Millionen Euro gegenüber. Daraus folgt eine Neuaufnahme von investiven Krediten in Höhe von 65 Millionen Euro. Der Löwenanteil an Investitionen ist für den Schulbau vorgesehen. Insgesamt 13 Erweiterungen oder Neubauten an Schulen sind projektiert. Im Haushalt 2024 sind Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 123 Millionen Euro enthalten. Ein Großteil davon ist für den Schulbau vorgesehen. Neun Millionen sind für den Investitionsbedarf der Regionaltangente-West eingestellt und weitere 65 Millionen Euro für den Neubau der AöR. Die verbleibenden Ermächtigungen von 49 Millionen Euro sind für Schulbauten vorgesehen.

Zu einzelnen Positionen

Schule & Bildung

Für den laufenden Betrieb der Schulen sind rund 136,5 Millionen Euro im Ergebnishaushalt kalkuliert. Darunter fallen verschiedene Einzelpositionen aus unterschiedlichen Kostenstellen, wie die Leistungen für das Facility Management, die IT-Ausstattung, die Schülerbeförderung und die Jugendsozialarbeit an Schulen.

Steigende Schülerzahlen und der Ausbau der Ganztagsbetreuung sorgen für einen Investitionsbedarf von 57,6 Millionen Euro. Die größten Maßnahmen sind die Erweiterung der Außenstelle Breidert der Trinkbornschule in Rödermark–Ober-Roden (sieben Millionen Euro), der Modulbau an der Brüder-Grimm-Schule in Neu-Isenburg (sechs Millionen Euro) sowie die Erweiterung des Friedrich-Ebert-Gymnasiums in Mühlheim und der Waldschule in Obertshausen (je fünf Millionen Euro). 2,2 Millionen Euro sind für Anschaffungen im Rahmen des DigitalPaktes vorgesehen.

„Die Schülerzahlen steigen ständig an und dementsprechend müssen wir auch in den Ausbau der Schulen investieren“, sagt Landrat Oliver Quilling. „Mit dem Schulentwicklungsplan haben wir die entsprechenden Weichen gestellt. Diese gilt es nun abzuarbeiten. Insgesamt planen oder bauen wir aktuell an etwa 40 Standorten – das ist eine Mammutaufgabe.“

Digitalisierung

Durch die Pandemie haben sich einige Prozesse beschleunigt. Homeoffice wird in der Kreisverwaltung durchgängig genutzt. Doch dazu sind nicht nur mehr Hardware, sondern auch andere Anforderungen an die IT-Sicherheit und die Datenstruktur, Stichwort: elektronische Akte, notwendig. „Zusätzlich wollen wir aber vor allem unseren Service für die Bürgerinnen und Bürger weiter verbessern“, erläutert der Landrat.

Mobilität & Klimaschutz

Der Öffentliche Personennahverkehr ist ein wichtiger Standortfaktor im Kreis Offenbach. „Mit dem flächendeckenden Angebot des Hoppers haben wir eine bewusste Entscheidung für die Zukunft getroffen“, erläutert Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger. „Zusätzlich entfällt der Anteil, den die Kommunen bislang übernommen haben.“ Die Zuweisung an die kvgOF erhöht sich im Jahr 2024 um 2,4 Millionen Euro. „Mit einer Attraktivitätssteigerung des ÖPNV leisten wir auch einen Beitrag zum Klimaschutz, denn jede Fahrt, die nicht mit dem Kraftfahrzeug zurückgelegt wird, ist ein Gewinn für die Umwelt.“

Jugendhilfe

Durch die SGB VIII-Reform sind neue Rechtsansprüche entstanden. Beispielsweise haben sich die sogenannten § 35a-Fälle (Kinder, die von seelischer Behinderung bedroht sind) innerhalb von vier Jahren verdreifacht. Zu verzeichnen ist ein erheblicher Anstieg der Fallzahlen bei der Eingliederungshilfe, den Hilfen für junge Volljährige und der sozialpädagogischen Familienhilfe. Hinzu kommen die Nachwirkungen der Coronapandemie. „Wir müssen in der Jugendhilfe 18,2 Millionen mehr aus kommunalen Mitteln aufbringen als im laufenden Jahr“, verdeutlicht Jugenddezernent Carsten Müller.

Soziales

Die Fallzahlen im SGB II sind seit dem sogenannten Rechtskreiswechsel der Geflüchteten aus der Ukraine im Mai 2022 sprunghaft angestiegen. Da der Konflikt andauert, ist nicht mit einer Entspannung zu rechnen. Hinzu kommen deutlich gestiegene Kosten für die Anmietung von Wohnraum. Die laufenden Leistungen für die Unterkunft belasten den Kreishaushalt ebenso wie die nach wie vor hohen Kosten für Heizung und Warmwasser. Der Bund beteiligt sich aktuell mit 62,8 Prozent an den Ist-Ausgaben, diese sind im Vergleich zum Jahr 2020 knapp sechs Prozent weniger.

Im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX steigen die Fallzahlen. Es werden immer häufiger schulische Teilhabeassistenzkräfte benötigt, um den Anspruch, Kindern den Besuch einer Regelschule zu ermöglichen, zu erfüllen. Fallzahlsteigerungen, insbesondere in der Grundsicherung im Alter und dauerhafter Erwerbsminderung, sind auch im SGB XII zu verzeichnen. Zwar erstattet der Bund die Leistungen vollständig, jedoch müssen die damit einhergehenden steigenden Personal- und Sachkosten vom Kreis finanziert werden. Seit Jahresbeginn ist das Wohngeldgesetz plus in Kraft. Die Fallzahl hat sich nahezu verdoppelt. Auch bei dieser Aufgabe verbleiben die Personal- und Sachkosten beim Kreis. Durch die erhöhte Zuweisung von Asylsuchenden steigen auch in diesem Bereich die Fallzahlen. Dementsprechend fallen die Kosten für Unterbringung und zusätzlich notwendiges Personal an.

„Für die Kosten der Unterkunft geben wir rund 70 Millionen Euro aus“, erklärt Sozialdezernent Carsten Müller. „Das sind drei Millionen Euro mehr als 2023. Im Asylbereich legen wir rund 4,7 Millionen Euro kommunale Mittel drauf. Ein Ende dieser Entwicklung ist aktuell nicht abzusehen. Eine der größten Herausforderungen ist der viel zu knappe Wohnraum und die gerade im Ballungsraum hohen Kosten für die Lebenshaltung. Nach wie vor sind kleine und günstige Wohnungen kaum auf dem Markt zu finden.“

Stellenplan

Im Stellenplan sind für das kommende Jahr insgesamt 1.286 Stellen ausgewiesen – 247,5 Beamten- und 1.038,5 Angestelltenstellen. „Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für uns ganz wichtig, denn sie sind es, die tagtäglich für die Bürgerinnen und Bürger die Dienstleistungen erbringen“, sagt Landrat Oliver Quilling. „Da die Zahl der Menschen, die in unserem Kreis leben, stetig wächst, steigt auch die Zahl der Beschäftigten, um die erhöhten Fallzahlen zu bewältigen. Hinzu kommen immer neue Aufgaben, die wir übernehmen müssen.“ Der Kreis Offenbach sucht permanent Personal, darunter weit mehr als die klassischen Verwaltungsberufe.

Haushaltskonsolidierung

Auch wenn der Kreis Offenbach erneut nicht zu einem Haushaltssicherungskonzept verpflichtet ist, setzen die Verantwortlichen auf die Leitlinie zur Haushaltssicherung, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Diese Leitlinie gilt als Selbstverpflichtung für wirtschaftliches Handeln von Politik und Verwaltung, um Konsolidierungspotentiale auszuschöpfen. Damit wird nicht nur der jeweils aktuelle Etat entlastet, sondern die Maßnahmen wirken auch auf zukünftige Haushalte. Zum Vergleich: Mit den Maßnahmen der Haushaltssicherung wurden seit dem Jahr 2005 rund 165,8 Millionen Euro konsolidiert.

„Das Ungleichgewicht unseres Haushalts können wir nur noch schwer tragen“, betont der Kämmerer des Kreises Offenbach, Kreisbeigeordneter Carsten Müller, abschließend. „Wir müssen alle Ansprüche, die Bund und Land schaffen, erfüllen. Die erforderlichen Finanzmittel erhalten wir jedoch nicht. Somit reduziert sich unser eigener finanzieller Spielraum immer weiter und wir werden zum ‚Erfüllungsgehilfen‘ von Bund und Land degradiert. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass alle Landkreise unter der fehlenden Finanzausstattung leiden.“

Der Haushaltsplan 2024 umfasst knapp 5.400 Planungsstellen, die auf etwa 480 Seiten abgebildet sind. Die einzelnen Buchungsstellen werden erneut aggregiert dargestellt.

Die wichtigsten Zahlen auf einen Blick

Ergebnishaushalt
2023
2024
Erträge
816 Mio. Euro
887,5 Mio. Euro
Kreisschlüsselzuweisungen
85,3 Mio. Euro
87,8 Mio. Euro
Kreis- und Schulumlage
375,8 Mio. Euro
402,1 Mio. Euro
Transfererträge
233,4 Mio. Euro
263 Mio. Euro
Aufwendungen
825,6 Mio. Euro
909,6 Mio. Euro
Transferaufwendungen
408 Mio. Euro
471,1 Mio. Euro
Umlagen
92,5 Mio. Euro
100,2 Mio. Euro
Sach-& Dienstleistungen
131 Mio. Euro
127,6 Mio. Euro
Personalaufwendungen
70,8 Mio. Euro
78,2 Mio. Euro
Jahresergebnis
-9,6 Mio. Euro
-22 Mio. Euro
Finanzhaushalt
2023
2024
Einzahlungen aus Investitionstätigkeit
9,4 Mio. Euro
5,3 Mio. Euro
Auszahlungen aus Investitionstätigkeit
75,8 Mio. Euro
70,3 Mio. Euro